Strafmaßnahmen gegen Russland Sanktionen und drastische Worte aus Paris
Frankreichs Wirtschaftsminister hat heute gegenüber Russland scharfe Worte gefunden. So scharf, dass Russlands Ex-Premier Medwedew postwendend drohte, aus Wirtschaftskriegen könnten reale Kriege erwachsen.
Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire war im Nachrichten-Radio France Info am Morgen wie ausgewechselt. Und nicht gesetzt und ruhig wie sonst. "Wir werden Russland einen totalen Wirtschafts- und Finanzkrieg liefern", sagt er. Und ja, die Sanktionen des Westens seien wirksam: "Der Rubelkurs ist um 30 Prozent gefallen. Russlands Währungsreserven schmelzen wie Schnee in der Sonne", konstatiert Le Maire. "Putins großer Kriegsschatz ist schon fast nichts mehr wert. Und Russlands Zentralbank musste den Leitzins auf 20 Prozent verdoppeln. Wir führen den Zusammenbruch der russischen Wirtschaft herbei."
Hauptadressat: das System Putin
Der Westen werde fast 1000 Milliarden Dollar an russischem Guthaben einfrieren. Die Folgen werde natürlich auch das russische Volk bezahlen - wegen dessen Präsidenten. Angesichts eines Angriffskriegs könne man nicht anders handeln. Hauptadressat sei aber Putins System.
Frankreich hat eine Taskforce aufgestellt, die zusätzlich zur EU-Sanktionsliste weitere kremlnahe Personen ausfindig macht, die ihr Eigentum an Villen, Yachten und Ländereien verlieren sollen. Ein Novum. Die Kriegskosten sollen insgesamt hochgetrieben werden, hieß es zudem aus dem Élysée, um Putin zum Einlenken zu bewegen. Aber auch Europa werde die Sanktionen spüren.
"Für Frankreich kein Problem: Wir hängen nur zu 20 Prozent von russischem Gas ab", so Le Maire. Er wäre bei den Gaslieferverträgen weiter gegangen, müsse aber an andere EU- Länder denken. Der Minister kündigte an, den Gaspreis für französische Privathaushalte sechs Monate länger, also bis Ende des Jahres, einzufrieren. Auch die Inflation werde man meistern. Russland sei nur ein zweitrangiger Handelspartner. "Russland wird leiden, nicht Europa", betont Le Maire.
Viele Konzerne reagieren
Doch auch die Aktien französischer Konzerne fallen: die der Bank Société Générale, des Transportunternehmens Alstom oder des Autobauers Renault. Weil sie in Russland Geschäfte machen. Renault hat dort 2021 fast eine halbe Million Autos verkauft, meist der übernommenen Marke Lada. 35 der 40 Unternehmen im französischen Leitindex sind dort präsent. Aber nur gut ein Prozent der französischen Exporte im Wert von weniger als sieben Milliarden Euro gehen in Richtung Russland. Umgekehrt stammen weniger als zwei Prozent der französischen Importe von dort.
Französische Firmen sind aber mit über 160.000 Jobs der größte ausländische Arbeitgeber in Russland und zweitgrößter Direktinvestor. In Russland stehen mehr als 250 Auchan-Einkaufszentren, über 100 Leroy-Merlin-Baumärkte. Und die ganz Großen? Der Wirtschaftsminister will mit dem Stromversorger Engie, Ko-Finanzierer der Gasleitung Nord Stream 2, sprechen - und mit dem Ölkonzern Total, der in Sibirien mit dem russischen Energiekonzern Nowatek Rohstoffe abbaut. Dessen Chef steht auf der Sanktionsliste. "Die Freiheit zu verteidigen, hat einen Preis", stellt Le Maire klar.
TotalEnergies hat nun schriftlich Moskaus Aggression verurteilt und sich solidarisch mit der Bevölkerung der Ukraine, aber auch der in Russland erklärt. Man wolle Kiew Treibstoff liefern und die Sanktionen umsetzen, egal was es Total selbst koste. Neue Projekte in Russland würden nicht mehr finanziert. Vielmehr wolle man ukrainischen Flüchtlingen helfen. Das will auch Frankreichs Staatsbahn SNCF. Flüchtlinge dürften kostenlos Bahn fahren.
Franzosen zufrieden mit Macron
Ein Nebeneffekt der Ukraine-Krise: 58 Prozent der Franzosen finden kurz vor der Präsidentschaftswahl im April, ihr Staatschef sei auf der Höhe der Zeit. Macron hält einen direkten Draht zu Selenskyj und Putin. Zudem wendete er sich an seine Armee und rief sie angesichts möglicher Reibereien mit russischen Kräften auf internationalem Terrain etwa im Atlantik oder im Mittleren Osten zu großer Wachsamkeit und Zurückhaltung auf.
Sein Wirtschaftsminister aber scheint übers Ziel hinaus geschossen zu haben. Stunden später musste er erklären, das Wort "Krieg" sei unangebracht und passe nicht zur eigenen Deeskalationsstrategie. Le Maire zudem: "Wir stehen nicht im Konflikt mit dem russischen Volk."