EU-Landwirtschaft Anlauf nehmen für die nächste Agrarreform
Kurz nach Billigung der jüngsten EU-Agrarreform laufen erste Vorbereitungen für die nächste. Der Beitrag der Landwirtschaft zum Klimaschutz rückt in den Vordergrund. Life-Carbon-Farming heißt dabei das Schlüsselwort.
Allein acht bis zehn Prozent der gesamten CO2-Emissionen in Europa kommen aus der Landwirtschaft - unterschiedlichen Berechnungen zufolge und je nachdem, um welchen Mitgliedsstaat es sich handelt. Auf jeden Fall findet die EU-Kommission: Da muss Europa handeln, um dem Klimaschutz und der Klimaneutralität ein erhebliches Stück näher zu kommen. Man könnte hinzufügen: Nachdem die jüngste große Reform der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik (GAP) mit ihren fast 60 Milliarden Euro an jährlichen Subventionen für Europas Landwirtschaft für Kritiker zumindest deutlich hinter den eigenen Ansprüchen zurück geblieben ist - den Ansprüchen nämlich, wirklich nachhaltiger, ökologischer und klimafreundlicher zu werden.
Das ist etwas, das auch dem noch recht neuen Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir nicht gefällt. Er könne das aber nicht ändern und habe das geerbt. "Nicht über jedes Erbe freut man sich ja. In ein paar Jahren gibt es die nächste GAP-Reform - und was ich natürlich machen kann: nicht untätig sein", sagt Özdemir. Womit der Bundeslandwirtschaftsminister meint: Die nächste Reform in gut fünf Jahren will schon jetzt vorbereitet werden. Dann - so tönt es auch aus der EU-Kommission - soll es aber tatsächlich grüner auf Europas Anbauflächen werden, in den Ställen oder auch auf den Weinbergen.
Life-Carbon-Farming
Um das vorzubereiten, setzt man jetzt - quasi in einem ersten Schritt - darauf, dass die Landwirtschaft weniger CO2 ausstößt. Life-Carbon-Farming heißt das entsprechende EU-Programm dafür, mit dem man in Europa gemeinsame Standards einführen will, um die Agrarbetriebe dabei auf Trab zu bringen.
In Frankreich können landwirtschaftliche Betriebe, die dabei mitmachen, zusätzliche Subventionen erhalten. "Wenn ich insgesamt 400.000 Tonnen CO2 einspare, dann sind das die angestrebten elf Prozent - was sich für mich dann 40.000 Euro an zusätzlichen Einnahmen bedeuten würde", rechnet ein Milchbauer aus dem Elsass vor.
Bis 2029 läuft dieses Programm in Frankreich, das wissenschaftlich begleitet wird, und dessen Standards - so schlägt man es in Paris vor - in Europa Schule machen könnten. Die Landwirte sollen mehr Flächen als Grasland bewirtschaften, weniger Kunstdünger verwenden, den Wasserverbrauch und den Maschineneinsatz reduzieren, ihre Tiere zumindest artgerechter halten sowie auf erneuerbare Energien setzen. Das zahle sich dann für alle aus: für die Lebensmittelproduzenten und für die Verbraucherinnen und Verbraucher.
Arbeit an einem europatauglichen Modell
Die Sorge sei ja immer gewesen, sagt EU-Landwirtschaftskommissar Janusz Wojciechowski, dass CO2-Reduktion nur für Betriebe interessant sei, die keine Tiere halten. Das sei hier aber gerade nicht so. Deshalb wolle man nun daran arbeiten, dieses Modell europatauglich zu machen.
Auch der deutsche Landwirtschaftsminister Özdemir findet das interessant, warnt aber vor zu großen Erwartungen. "Die Klimakrise ist so weit fortgeschritten, dass wir uns gar nicht leisten können zu sagen: 'Auf dieses oder jenes verzichten wir'", sagt Özdemir. "Aber zugleich gilt natürlich: Vorsicht an der Bahnsteigkante - und es ist klar: Greenwashing machen wir nicht mit." Das könnte auch heißen: Davon gibt es in Europa schon zu viel - womöglich auch in der Landwirtschaft.
"Greenwashing machen wir nicht mit" - Agrarminister Özdemir.