
Kaffeepreise in Italien Wenn der Espresso immer teurer wird
Der tägliche Espresso an der Bar ist für viele Italiener ein Ritual. Doch der Preis für die kleine Tasse Kaffee steigt seit Jahren. Noch machen es die Kunden mit - aber wie lange?
In Italien gilt Espresso nicht nur als Grundnahrungsmittel - es ist ein Kulturgut. Umso dramatischer die jüngste Preisentwicklung: Die Grenze von einem Euro für den "caffè" gilt nicht mehr. Denn der Kilopreis für Kaffee ist in den vergangenen Jahren nach offiziellen Angaben um gut ein Drittel gestiegen. Deshalb könnte der Espresso an der Bar bald noch teurer werden.
"Tägliches Ritual" für viele Italiener
Mehr als sieben Milliarden Euro geben Italienerinnen und Italiener im Jahr für Espresso oder Cappuccino aus. Am liebsten im Stehen an der Bar. "Mein tägliches Ritual", sagt Marco Castelnuovo in der Kaffeebar Bertini im römischen Stadtteil Montesacro. Der Kaffee an der Bar schmecke schließlich ganz anders als der zu Hause.
Auch in der Bar Bertini macht sich der Preisanstieg bemerkbar. "Ich erinnere mich an Zeiten, als der caffè noch 300 Lire kostete", sagt Barista Francesco Bertini. Später, nach der Euro-Einführung, galt lange: Mehr als einen Euro darf eine Tasse Espresso nicht kosten. Diese Schallmauer ist schon lange gefallen. "Seit einem Jahr kostet er 1,20 Euro, und ich denke, dass wir bald bei 1,50 Euro landen werden."
Im Norden schon länger teurer
Diese Preise zahlt man bereits im Norden Italiens. Auch hier gibt es - wie in fast allen Lebensbereichen - ein Nord-Süd-Gefälle. In Sizilien oder Kalabrien findet man mit etwas Glück noch Bars, die den Espresso für weniger als einen Euro anbieten. Ganz im Norden, in Bozen, kostet die Tasse Espresso im Schnitt 1,43 Euro.
Und Cristina Scocchia, Chefin von illy, einem der größten italienischen Hersteller, bereitet die Kunden schon auf den nächsten Anstieg vor. Der Preis für eine Tasse "caffé" werde "in den kommenden Monaten schätzungsweise zwei Euro erreichen, da der Preis für Rohkaffee von einer hohen Volatilität und einem noch nie dagewesenen Aufwärtstrend betroffen ist".
Klimawandel schmälert die Ernten
Rohe Arabica- oder Robusta-Bohnen werden zu ständig neuen Höchstpreisen gehandelt. Der Börsenpreis für Rohkaffee ist seit 2020 um 247 Prozent gestiegen und hat damit den höchsten Stand seit 1977 erreicht. Ein Grund: der Klimawandel. Wetterextreme in den Anbauländern wie Dürren oder Überschwemmungen reduzieren die Ernteerträge.
"In ganz Südamerika ändern sich die Temperaturen, und deshalb fällt es immer schwerer, Kaffee anzubauen - im Vergleich zur Menge, die früher produziert wurde", sagt Andrea Sammarone, der in Rom eine kleine Kafferösterei betreibt. Sammarone setzt auf "unbehandelten Kaffee, ohne Zusatzstoffe".

Kaffeeröster Andrea Sammarone legt größten Wert auf Qualität. "Unser Kaffee ist immer frisch", sagt er.
Qualität hat ihren Preis
Dabei legt er Wert auf den Unterschied zu den großen Herstellern: "Unser Kaffee ist immer frisch. Ich röste alle zehn Tage." Qualität, die ihren Preis hat. In der Rösterei hängt noch die vier Jahre alte Liste: 2,30 Euro für 100 Gramm Arabica-Kaffee. Vorne im Laden sind die neuen Preise angeschlagen: 3,50 Euro für dieselbe Mischung - ob gemahlen oder in Bohnen.
Was den Kaffeepreis ebenfalls nach oben treibt: Die Energiekosten sind gestiegen, die Löhne auch. Dazu kommt ein Grund, der den Kaffeeröster Sammarone fast ein bisschen stolz zu machen scheint: Die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Kaffeebohnen sei in den vergangenen Jahren gestiegen, und zwar weltweit.
"Große Kultur und Tradition"
Auch in der Bar Bertini scheint die letzte Preiserhöhung noch keine gravierenden Auswirkungen auf das Konsumverhalten zu haben. Im Vergleich zu Deutschland ist der "caffè" in Italien ja immer noch konkurrenzlos günstig. Zu günstig, findet Barista Bertini. Schon ein industriell hergestellter Fruchtsaft koste schließlich drei Euro. Einen guten Espresso zu produzieren, sei richtige Handarbeit: die Röstung, die Zubereitung.
Unbezahlbar: die Kaffeekultur. Die sieht Bertini durch die Preiserhöhung allerdings gefährdet. "Wir könnten viel verlieren, weil unsere Bars eine große Kultur und Tradition haben." In einer Kaffeebar gehe es eben um mehr als nur den Konsum von Kaffee, schwärmt Francesco: "Es geht um zwischenmenschlichen Austausch."