Merkels Vorschläge für den Weltfinanzgipfel Wie die Finanzmärkte gebändigt werden sollen
Mehr Transparenz, mehr Aufsicht und neue Anreizstrukturen - ein ganzes Bündel von Vorschlägen hat Kanzlerin Merkel mit zum Weltfinanzgipfel nach Washington genommen. Mit welchen Mitteln die globalen Finanzmärkte gebändigt werden sollen, lesen Sie hier.
Bundeskanzlerin Angela Merkel ist zum Weltfinanzgipfel nach Washington abgeflogen. Im Gepäck hat sie Vorschläge einer Expertengruppe um den ehemaligen EZB-Chefvolkswirt Otmar Issing, wie die Finanzmärkte gebändigt werden können. Diese Hinweise und Empfehlungen seien außerordentlich wertvoll, sagte Merkel kurz vor ihrer Abreise. Sie zeigte sich optimistisch: Es bestehe "Handlungsdruck, Nägel mit Köpfen zu machen". Lesen Sie hier, was die Expertengruppe um Issing im Detail vorschlägt:
- Rating-Agenturen sollen künftig beaufsichtigt werden. Die Güte ihrer Bonitätsbewertungen von Marktteilnehmern und Finanzprodukten soll einmal im Jahr veröffentlicht werden. Die Rating-Gebühren sollen sich daran ausrichten.
- Gebündelte Kreditrisiken, die Banken weiterverkaufen, sollen durchschaubarer werden. Insbesondere soll ersichtlich sein, welche Ausfallrisiken mit den Krediten verbunden sind.
- Die Vergütungssysteme für Manager sollen sich stärker am langfristigen Erfolg orientieren. Nach Ansicht der Arbeitsgruppe hat die auf kurzfristige Bonuszahlungen ausgerichtete Manager-Vergütung erheblich zur Finanzkrise beigetragen. Neue Formen der Bezahlung sollen zu mehr Balance zwischen kurzfristiger und langfristiger Orientierung in den Banken führen.
- Die Portfolio-Risiken von Banken sollen für andere Marktteilnehmer durchsichtiger werden. Die Institute sollen ihre Kreditrisiken nicht mehr vollständig an andere Marktteilnehmer verkaufen können, sondern einen Teil in ihren Büchern halten.
- Regelmäßig soll eine "Risiko-Weltkarte" für das Finanzsystem erstellt werden. Sie soll die Situation aller Marktteilnehmer abbilden, inklusive Hedge-Fonds und Versicherer, sowie die Lage auf den wichtigsten Märkten für Finanzprodukte. Die Karte soll Grundlage für ein schnelleres Eingreifen bei neuen Finanzkrisen bieten.
- Die Experten schlagen zudem die Schaffung eines globalen Kreditregisters vor, das Ausleihen ab einer bestimmten Größe erfasst. Auf nationaler Ebene gibt es bereits solche Register. Auch hier ist das Ziel, den Regierungen einen Überblick zu verschaffen, in welchem Ausmaß in ihren Ländern Darlehen mit einem hohen Risiko erteilt worden sind.
- Die Aufsicht über alle Arten von Finanz-Institutionen soll verbessert und ausgedehnt werden, auch bei Hedge-Fonds. Für direkte Geschäfte unter Banken mit Kreditderivaten sollen Clearing-Stellen geschaffen werden, die die Risiken absichern.
- Die Kapitalanforderungen für Zweckgesellschaften, die neben den Bilanzen laufen, sollen angehoben werden, bis sie vollständig in die Bankenbilanzen integriert sind. Für Ausleihen an Hedge-Fonds oder nicht kooperative Offshore-Finanzzentren sollen zusätzliche Eigenkapitalanforderungen gestellt werden.
- Die nationalen Behörden sollen stärker kooperieren und sich zur Kontrolle international tätiger Finanzinstitutionen zu speziellen Kontrollverbünden (colleges) zusammenschließen.
- Der Internationalen Währungsfonds (IWF) als Wächter über die Finanzmärkte soll gestärkt werden.
- Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) soll die Standards für die neue Finanzmarkt-Architektur setzen.
- Die von den G7-Ländern geschaffene Denkfabrik "Financial Stability Forum" aus Notenbankern und Finanzkontrolleuren soll stärker mit dem IWF und der BIZ verknüpft werden