EU-Weinrichtlinie tritt in Kraft Alter Wein mit neuen Etiketten
Künftig müssen Weinkäufer die Augen aufhalten: In der Europäischen Union sind neue Etikettierungsregeln in Kraft getreten. Diese sollen nach Willen der EU "klarer und einfacher" werden. Dafür soll die bisher gängige Unterscheidung von teuren Qualitäts- und billigen Tafelweinen entfallen - sehr zum Unwillen der deutschen Winzer.
Von Eberhard Nembach, ARD-Hörfunkstudio Wien
Im Augenblick reifen die Trauben des Jahrgangs 2009 - aber was wird auf den Flaschen stehen, in die ihr vergorener Saft am Ende gefüllt wird? Darüber zerbrechen sich auch deutsche Winzer gerade den Kopf, denn sie müssen die neuen EU-Regeln umsetzen. Klar ist: Tafelwein wird es nicht mehr geben, Apfelwein schon - und Erdbeerwein auch.
Gut so, meint Simon Michel-Berger vom europäischen Bauernverband Copa-Cogeca in Brüssel: "Das sind auch ganz wichtige regionale Spezialitäten, die auch international auf den Märkten Chancen haben, wenn man sie entsprechend fördert und sie auch entsprechend verteidigt."
Der Tafelwein wird aufgewertet
Was billig ist und bisher ein "Tafelwein" war, darf jetzt einen edleren Namen tragen. Rebsorte und Jahrgang können Winzer aufs Etikett der preiswerten Flaschen drucken. "Deutscher Wein - Riesling 2009", das klingt doch auch gleich viel besser als "Tafelwein, weiß".
Die deutschen Qualitätswinzer machen sich aber Sorgen, dass jetzt etwa die Südeuropäer ihre Möglichkeiten nutzen, um mit geschützten Ursprungsbezeichnungen auch billige Weine besser an den Mann und die Frau zu bringen. Die Deutschen haben immerhin erfolgreich dafür gekämpft, ihre traditionellen Bezeichnungen und Verfahren zu erhalten: "Prädikatswein" und "Qualitätswein" aus Deutschland wird es also auch weiterhin geben.
EU-Winzer wollen mit Vielfalt punkten
Simon Michel-Berger glaubt, dass die EU-Winzer gut aufgestellt sind: "Die Stärke, die wir in Europa haben, liegt in unserer Vielfalt - darin, dass wir ganz viele verschiedene Weine haben, mit einem großen Potenzial auf internationalen Märkten. Im Gegensatz zu den Weinen aus der neuen Welt, zu den Weinen aus Chile, Kalifornien und so weiter, die zwar nicht schlecht sind, aber längst nicht so eine Tiefe und Vielfalt bieten können wie die Europäische Union."
Eher verwirrend als einfacher
Übersichtlicher für die Kunden wird das Weinregal im Supermarkt mit der Reform aber kaum. Es kommen neue Bezeichnungen, wie "g.U." für geschützte Ursprungsbezeichnung und "g.g.A" für "geschützte geografische Angaben". Ob das den deutschen Winzern im Kampf mit den Großunternehmern aus Kalifornien oder Südafrika nützt, ist noch fraglich, meint Simon Michel-Berger: "Wir denken, die Kommission war auch ein bisschen phantasielos. Wir hätten uns mehr Maßnahmen gewünscht, um auch den Absatz zu fördern. Da hätte man noch mehr machen können."
EU-Kommission von neuer Richtlinie überzeugt
Die zuständige EU-Kommissarin Mariann Fischer-Boel spricht trotzdem von einem "Wendepunkt in unserer Weinbaugeschichte". Lange gab es zuviel Wein auf dem Markt, das hat die Preise kaputt gemacht. Schon vor einem Jahr wurde die erste Stufe der Weinreform gezündet. Aus den USA kommen Weine, deren Fassgeschmack mit Holzchips erzeugt wird, Südafrikaner schütten Rot- und Weißwein zusammen, um einen "Rosé" zu machen, der bei uns nicht so heißen darf.
Von solchen Methoden wollen sich die Europäer nämlich abheben. Wein, der schon jetzt in den Fässer gärt, darf auch weiterhin noch mit den alten Etiketten verkauft werden - aber der Jahrgang 2009, der muss sich am Ende auf jeden Fall an die neuen Regeln aus Brüssel halten. Tafelwein adé - wohl bekomm's!