Kommunalpräsidentin zu Warnstreiks "Streikrecht wird inflationär ausgereizt"
Keine Züge, keine Flüge, keine Busse - mit ihrem Großstreik am Montag wollen ver.di und EVG Druck aufbauen. Kommunalpräsidentin Welge hält das für "völlig überzogen" - und wirft den Gewerkschaften einen schlechten Verhandlungston vor.
Deutschland steht am Montag weitgehend still: Durch angekündigten Warnstreiks wird es Einschränkungen auf der Straße, der Schiene, dem Wasser und im Luftverkehr geben. Angesichts der massiven Auswirkungen werfen die Kommunen den beiden Gewerkschaften ver.di und der Bahngewerkschaft EVG maßlose Übertreibung vor.
"Das Streikrecht wird inflationär ausgereizt", sagte die Verhandlungsführerin der Kommunen, Karin Welge. Die VKA-Präsidentin verwies darauf, dass in der dritten Runde schließlich ein Ergebnis erzielt werden solle. Die Eskalation der Gewerkschaften mache sie daher "ein bisschen sauer", sagte Welge, die zugleich Oberbürgermeisterin von Gelsenkirchen ist. "Das ist nicht der Verhandlungston, den wir pflegen."
Welge: Bürger können "das nicht mehr als Warnstreiks erkennen"
Welge kritisierte, dass die Gewerkschaften die Ausstände unterschiedlicher Tarifrunden zeitgleich organisieren - allen voran bei der Bahn und im öffentlichen Dienst. "Die Bürgerinnen und Bürger sind nicht mehr in der Lage, das als Warnstreiks wahrzunehmen", so die VKA-Präsidentin. "Am Ende kann keiner mehr nachvollziehen, wegen welcher Tarifrunde wo genau gestreikt wird."
Den Gewerkschaften warf Welge zudem vor, so zu tun, als könnte es am Verhandlungstisch keinen Kompromiss geben. Dabei müsse nun der Korridor ausgelotet werden, wo man noch auseinander liege. "Ich glaube an unsere Verantwortungsgemeinschaft und fordere die Gewerkschaften auf, ihre Verantwortung wahrzunehmen", sagte sie.
Warnstreik am Flughafen München gestartet
Während der groß angelegte Warnstreik sich vor allem am Montag bemerkbar machen wird, steht der Flughafen München bereits seit dem Morgen still. Bis einschließlich Montag ist der reguläre Betrieb eingestellt.
Betroffen sind laut Flughafengesellschaft insgesamt rund 1500 Flugverbindungen. Starts und Landungen sind demnach nur für humanitäre Flüge im Notbetrieb möglich. Passagiere, die für heute oder morgen eine Flugreise von oder nach München geplant haben, sollen sich mit ihrer Fluggesellschaft in Verbindung setzen. Der Flughafen rät ausdrücklich davon ab, trotz des Warnstreiks zum Airport zu fahren.
Auch Flughafen-Chef Jost Lammers kritisierte die von ver.di angekündigte Arbeitsniederlegung. Sie stelle eine "beispiellose Eskalation dar und ist überzogen und völlig unverhältnismäßig", so Lammers. Das Drehkreuz München mit internationalen und interkontinentalen Verbindungen werde praktisch stillgelegt. Damit entsteht ein immenser wirtschaftlicher Schaden.
Insgesamt werden an den beiden Streiktagen am Münchner Flughafen 200.000 Passagiere betroffen sein. Am Montag wird dann auch der Nürnberger Flughafen bestreikt.
Keine Bahn-Streiks über Ostern
Entwarnung gibt es derweil mit Blick auf Zugverbindungen an Ostern. "Da wir mit Streiks die Arbeitgeber und nicht die Reisenden treffen wollen, werden wir rund um die Osterfeiertage nicht verhandeln", teilte die EVG der "Bild am Sonntag" mit. Streiks um die Feiertage könnten für alle Reisenden ausgeschlossen werden.
Ver.di-Chef Frank Werneke riet den Bürgern dazu, am Montag mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren oder zu Fuß zu gehen. Streik wirke nur dann, wenn er ein unmissverständliches Signal aussende. "Trotz all des Trommelfeuers gegen uns verzeichnen wir seit Anfang des Jahres 70.000 neue Mitglieder. Das ist der stärkste Mitgliederanstieg seit unserer Gründung vor mehr als 20 Jahren", so Werneke. Streiks dienten zwar nicht der Gewinnung von Neumitgliedern, viele, die sich erstmals an einem Arbeitskampf beteiligten, würden dann aber eintreten.
Verhandlungen für mehr als zwei Millionen Beschäftigte
Der 24-stündige Warnstreik soll am Montag um 00.00 Uhr beginnen und sich über den gesamten Tag hinziehen. Sowohl der Bahn- und Busverkehr als auch Flughäfen sollen bundesweit zu großen Teilen lahmgelegt werden. Außerdem trifft der Streik auch den Schiffsverkehr und Autobahnen sowie den öffentlichen Personennahverkehr in mehreren Bundesländern.
Beide Gewerkschaften erhöhen so den Druck bei den bislang erfolglosen Tarifverhandlungen. Ver.di verhandelt für die etwa 2,5 Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes bei Bund und Kommunen, unter anderem auch für die Beschäftigten des Nahverkehrs und an Flughäfen. Die Gewerkschaft fordert 10,5 Prozent mehr, mindestens aber 500 Euro monatlich.
Die EVG verhandelt für rund 230.000 Beschäftigte bei 50 Bahn- und Busunternehmen, für die sie zwölf Prozent mehr Lohn, mindestens aber 650 Euro im Monat mehr will.