Energiewende bei der Heizung Warum Wärmepumpen in Deutschland viel teurer sind
In den meisten Häusern sind Wärmepumpen ohne größere Umbauten sinnvoll. Trotzdem werden derzeit sogar weniger eingebaut als im vergangenen Jahr - wohl auch wegen der hohen Kosten für den Einbau.
In der Berliner Papageiensiedlung steht ein fast hundert Jahre altes Reihenhaus - eines, wie es Hunderttausende in Deutschland gibt. Dank solider Bauweise hat das Haus einen normalen Wärmebedarf. Die Heizungsanlage ist aus den 80er-Jahren, wurde damals mit den üblichen Heizkörpern auf den damaligen technischen Stand gebracht. "Das ist charakteristisch, das gibt es in Millionen Reihenhäusern", lautet das Urteil von Architekt Burkhard Schulze Darup.
Gemeinsam mit Axel Friedrich, Energieexperte, besichtigt der Architekt das Haus. Die beiden Männer sind spezialisiert auf die Niedrigenergiesanierung alter Häuser. Denn die Ölheizung ist alt, muss ersetzt werden. Der Ersatz durch eine Gasheizung würde komplett rund 10.000 Euro kosten. Ließe sich hier auch eine Wärmepumpe einbauen? Das Urteil der Experten ist eindeutig: Technisch sei der Einbau einer Wärmepumpe ohne Weiteres machbar.
Preisunterschied von mehr als 20.000 Euro
Bleibt noch die Frage: Lohnt sich der Einbau auch finanziell? Plusminus hat für das Berliner Reihenhaus Angebote für die Installation einer Wärmepumpe eingeholt, von großen überregionalen Anbietern. Alle lagen deutlich über 30.000 Euro. Gemindert wird der Preis durch eine staatliche Förderung: Der Staat zahlt im Normalfall - je nach Anlagentyp - 50 oder 55 Prozent davon als Förderung.
Für die Hausbesitzer bleiben trotzdem Mehrkosten. Zwar wird der Betrieb einer Wärmepumpe bei aktuellen Strom- und Gaspreisen durchaus Heizkosten sparen. Bis die Ersparnisse die Mehrkosten der Installation ausgleichen, kann es aber dauern.
Realistische Preise im Ausland
Dass Wärmepumpen preiswerter und für Hausbesitzer rentabler sein könnten, zeigt ein Blick zu unseren Nachbarn: Im französischen Lyon wohnt Gilles Marciot. Der Hausbesitzer ließ sich vor knapp zwei Jahren eine Wärmepumpe einbauen. Sein Haus ähnelt dem Berliner Reihenhaus, ist etwa genauso alt, aber etwas größer. Deshalb ist auch die Wärmepumpe etwas leistungsstärker.
Gesamtkosten für den Einbau: rund 18.000 Euro. Dazu gab es eine staatliche Förderung von 2.500 Euro - Marciot bezahlte also gut 15.000 Euro für den Einbau seiner Wärmepumpe. Éric Pierresteguy hat die Anlage bei Marciot eingebaut. Er schaut sich die Berliner Kostenvoranschläge an und stellt fest: Auch in den technischen Details der Anlagen kann er keinen Grund erkennen, warum die Anlage in Deutschland so viel teurer ist. Seine Reaktion: "Ich sollte wohl in Deutschland arbeiten."
Einbau in Großbritannien deutlich billiger
Eines der Angebote für das Berliner Reihenhaus kam vom Anbieter Octopus Energy. Das Unternehmen verlangte für die Anlage in Berlin mehr als 34.000 Euro. Die Firma ist Tochter eines in Großbritannien schon länger tätigen Unternehmens. Der Firmengründer präsentiert auf YouTube sein britisches Fortbildungszentrum für Monteure - ausgestattet mit Wärmepumpen aus deutscher Produktion - und wirbt in Großbritannien mit einem Komplettpreis für den Ersatz einer Gasheizung durch eine Wärmepumpe ab umgerechnet 9.000 Euro. In Deutschland montiert das Unternehmen teilweise die selben Geräte und wirbt mit Preisen ab insgesamt 24.000 Euro. Das ist mehr als zweieinhalb Mal so viel.
Woher also kommen diese Preisunterschiede? An den Kosten der Geräte selber kann es kaum liegen. Eine für das Berliner Haus taugliche Wärmepumpe, die von Stiftung Warentest mit "gut" bewertet wird, kann man bei diversen Händlern mit nötigem Zubehör für kaum mehr als 8.000 Euro bestellen. Es ist also die Montage, die den Preis in die Höhe treibt.
"Lohnkosten, bürokratische Auflagen"
Der Zentralverband Sanitär Heizung Klima begründet das gegenüber plusminus mit "Lohnkosten, bürokratischen Auflagen, technischen Anforderungen und Normen". Octopus Energy erklärt den Preisunterschied damit, dass die Häuser in England einfacher aufgebaut und standardisierter seien. Aber kann das wirklich einen insgesamt mehr als doppelt so hohen Preis rechtfertigen?
Um das zu verstehen, erklärt Architekt Burkhard Schulze Darup, was bei der Installation einer Wärmepumpe passiert: Zunächst wird die alte Heizung demontiert. Außerdem muss berechnet werden, welche Leistungsdaten die Wärmepumpe aufweisen sollte. Deren Außeneinheit wird dann auf ein einfaches Fundament gestellt. Nach einem Wanddurchbruch wird mit vom Hersteller vorkonfigurierter Leitung eine Inneneinheit angeschlossen. Die steht idealerweise dort, wo die vorherige Heizung auch stand.
Die Inneneinheit wird entsprechend der im Haus vorhandenen Leitungen exakt so an die Heizanlage angeschlossen wie gas- oder ölgefeuerte Geräte auch. Burkhard Schulze Darup erklärt, das könne ein eingespieltes Team in zwei Tagen schaffen. Er sieht im Grunde nur einen wesentlichen Unterschied zu ähnlichen Arbeiten im Ausland: In Deutschland wird häufig ein neuer Stromanschlusskasten verlangt, der den Gesamtpreis um rund 1.000 Euro nach oben treibt. Aber das könne die massiven Unterschiede bei weitem nicht erklären.
Handwerkermangel und Fehler bei der Förderung
Auch der bundesweit tätige Anbieter für Energietechnik 1Komma5° hatte für das Berliner Haus ein Angebot von deutlich über 30.000 Euro vorgelegt. Sein Gründer und CEO, Philipp Schröder, erklärt auf Nachfrage: Solche Umbauten wären auch heute in Deutschland unter 20.000 Euro möglich. Doch er habe nicht genug Personal. Und wenn er andere Handwerksbetriebe mit der Montage beauftrage, wären die ohnehin ausgebucht und würden naturgemäß vorrangig besonders lukrative Aufträge annehmen - dabei spiele eben auch die spezielle deutsche Förderung eine Rolle.
Denn Deutschland ist das einzige Land, in dem die Förderung prozentual zum Kaufpreis gezahlt wird. Je teurer eine Anlage wird, desto mehr Förderung gibt es. In anderen Ländern sind es feste Beträge, allenfalls nach Einkommen der Hausbesitzer gestaffelt. Das erzeugt naturgemäß einen gewissen Preisdruck, der in Deutschland so nicht existiert.
Das zuständige Bundeswirtschaftsministerium erklärt auf Nachfrage von plusminus, man denke nicht über eine Veränderungen der Förderung nach. Stattdessen kümmere man sich um verbesserte Schulungen des Handwerks und habe eine Studie in Auftrag gegeben, die sich mit den Preisunterschieden gegenüber dem Ausland beschäftigen wird.