Altersvorsorge Mehr Zinsen bei Lebensversicherungen?
Die Zinsen am Kapitalmarkt steigen wieder. Davon dürften die Kunden von Lebensversicherungen profitieren. Gleichzeitig sieht die Finanzaufsicht BaFin wegen der wirtschaftlichen Lage Risiken für das laufende Geschäft.
Viele Lebensversicherungskunden können nach Einschätzung der Finanzaufsicht Bafin in den kommenden Jahren mit steigenden Zinsen für die klassische Altersvorsorge rechnen. "Ich rechne schon damit, dass die Überschussbeteiligung in der Breite steigen wird, natürlich abhängig von der Situation am Kapitalmarkt insgesamt einschließlich der Aktien- und Immobilienmärkte", sagte Deutschlands oberster Versicherungsaufseher Frank Grund den Nachrichtenagenturen dpa und dpa-AFX.
Die ersten Versicherer, darunter der Branchenführer Allianz Leben, haben die Überschussbeteiligung für 2023 bereits erhöht. Viele Unternehmen lassen sie aber noch unverändert.
"Keine hohen Garantien mehr"
Lebensversicherer legen die Überschussbeteiligung jährlich nach der wirtschaftlichen Lage und dem Erfolg ihrer Anlagestrategie fest. Hinzu kommt der Höchstrechnungszins, auch Garantiezins genannt. Dieser liegt nach einer Entscheidung des Bundesfinanzministeriums seit Anfang 2022 für Neuverträge bei 0,25 Prozent. Altverträge bringen deutlich mehr Rendite. Beides bildet die laufende Verzinsung, die sich nur auf den Sparanteil nach Abzug von unter anderem Abschluss- und Vertriebskosten bezieht.
Grund geht nicht davon aus, dass sich Lebensversicherer im großen Stil wieder hohe Garantien in die Bücher holen. Die Branche konnte die Zinsversprechen aus Altverträgen von bis zu vier Prozent in der Zinsflaute auf dem Kapitalmarkt kaum erwirtschaften. Die große Mehrheit bietet Neukunden seit einigen Jahren deshalb nur noch Produkte mit abgespeckter Garantie an.
Eine Renaissance der klassischen Lebensversicherungen mit vollständiger Garantie hält Grund für schwer vorstellbar. "Der Markt hat mühevoll gelernt, wie teuer Garantien sind. Ich glaube nicht, dass einer den Weg freiwillig zurückgeht. Es gibt viele interessante Alternativen mit Chancen für den Kunden."
Lage von Pensionskassen schwierig
Viel Geld der Versicherer steckt in vergleichsweise niedrig verzinsten Staatsanleihen der letzten Jahre. Deren Wert ist wegen des jüngsten Zinsanstiegs gesunken. In der Bilanz entstehen stille Lasten. Sind Versicherer gezwungen, diese Papiere vor dem Ende der Laufzeit zu verkaufen, müssten sie den Wert entsprechend abschreiben. Das würde die Bilanz belasten.
Hinzu kommt die Inflation, die nach Ansicht des Versicherungsaufsehers Folgen für das laufende Geschäft haben könnte. "Die Unternehmen sollten sich darauf einstellen, dass das Neukundengeschäft nicht so läuft wie geplant." Kündigungen bestehender Verträge oder Beitragsfreistellungen durch die Kunden seien nicht auszuschließen, weil Verbraucher Geld für andere Dinge brauchten. Eine große Kündigungswelle sehe der Versicherungsaufseher noch nicht, Unternehmen sollten aber für ein ausreichendes Liquiditätsmanagement sorgen.
Laut Grund stehen derzeit noch 15 der rund 80 Lebensversicherer unter intensiverer Aufsicht. Derzeit müsse kein Lebensversicherer mehr die Übergangsmaßnahmen des europäischen Aufsichtsregelwerks Solvency II in Anspruch nehmen.
Vielmehr erfüllten die Firmen schon jetzt die Vorgaben, die ab 2032 verpflichtend greifen. Schwieriger ist Grund zufolge weiter die Lage von Pensionskassen. "Bei gut 30 der mehr als 130 Kassen machen wir uns etwas intensivere Sorgen." Pensionskassen könnten eher mittelfristig von steigenden Zinsen profitieren, wenn freiwerdende Mittel zu höheren Zinsen wieder angelegt werden.