Hohe Lebensmittelpreise Lieber Sonderangebote als Nachhaltigkeit?
Größere Firmen in der EU müssen künftig über die Nachhaltigkeit ihrer Geschäfte informieren. Zumindest beim Lebensmitteleinkauf rückt dieses Kriterium angesichts hoher Preise für Verbraucher aber offenbar in den Hintergrund.
Die steigenden Preise und die Sorge vor Lebensmittelknappheiten dominieren derzeit einer Umfrage zufolge das Kaufverhalten der Verbraucher. Das geht aus einer repräsentativen Online-Erhebung im Auftrag des Deutschen Instituts für Lebensmitteltechnik (DIL) in Quakenbrück und der Landesinitiative Ernährungswirtschaft Niedersachsen hervor. Für die Umfrage wurden vom 21. bis zum 25. April deutschlandweit knapp 1500 Menschen befragt.
Demnach achten die Befragten in der aktuellen Situation vor allem auf Sonderangebote und günstige Lebensmittel. War Nachhaltigkeit während der Corona-Pandemie für viele Menschen noch besonders wichtig gewesen, so rücken Klima- und Umweltschutzaspekte nun für einen Teil der Verbraucher offenbar in den Hintergrund.
Grund dafür dürften die steigenden Lebensmittelpreise sein: Fast 70 Prozent der Befragten gaben an, dass sie teils deutlich mehr Geld für Essen ausgeben als vor dem Ukraine-Krieg. Rund 24 Prozent gaben an, gleich viel Geld wie vor Kriegsbeginn für Essen auszugeben.
Lebensmittelpreise steigen rasant
Dem Statistischen Bundesamt zufolge hatte sich der Preisauftrieb bei Nahrungsmitteln im Mai nochmals deutlich verstärkt: Die Preise für Nahrungsmittel für die privaten Haushalte erhöhten sich im vergangenen Monat um 11,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Im April hatte die Rate noch bei 8,6 Prozent gelegen.
Im Mai wurden vor allem Speisefette und Speiseöle erheblich teurer, hier betrug das Plus 38,7 Prozent. Aber auch Fleisch, Molkereiprodukte, Eier und Brot verzeichneten Teuerungsraten im zweistelligen Bereich.
Der Umfrage zufolge sind fast 80 Prozent der Befragten besorgt wegen möglicher Lebensmittel-Knappheiten: Mehr als die Hälfte halte in nächster Zeit Einschränkungen bei Speiseölen (67 Prozent) und bei Grundnahrungsmitteln wie Mehl, Zucker oder Nudeln (58 Prozent) oder bei Brot und Backwaren (36 Prozent) für wahrscheinlich.
Informationen über Nachhaltigkeit werden zur Pflicht
Indes werden regelmäßige Informationen über die Nachhaltigkeit ihrer Geschäfte verpflichtend für größere Unternehmen in der Europäischen Union. Firmen mit mehr als 250 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von 40 Millionen Euro oder mehr müssen ab 2024 entsprechende Berichte zur Verfügung stellen.
Unternehmen von außerhalb der EU mit einem Jahresumsatz von mindestens 150 Millionen Euro müssten gleichwertige Vorschriften einhalten. Darauf hatten sich Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments gestern am späten Abend geeinigt. Beide Seiten müssen die Einigung noch formell bestätigen.
Herausforderungen für Betriebe
"Finanz- und Nachhaltigkeitsberichterstattung werden gleichberechtigt sein, und die Anleger werden endlich Zugang zu zuverlässigen, transparenten und vergleichbaren Daten haben", hieß es. Für kleinere und mittlere Unternehmen sollen in einer Übergangszeit bis 2028 nach Angaben des Rats der EU-Staaten Ausnahmen möglich sein.
Die CSU-Abgeordnete Angelika Niebler bezeichnete die Einigung für den deutschen Mittelstand dennoch als unbefriedigend. Dass an der Börse notierte kleine und mittlere Unternehmen "zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet werden sollen, kann die betroffenen Unternehmen vor riesige Herausforderungen stellen", teilte Niebler mit. "Sie müssen ihre Prozesse umstellen, zusätzliches Personal einstellen und die Einhaltung von Vorgaben streng kontrollieren. Das alles kostet unsere Unternehmen viel Zeit und Geld."