20-Prozent-Ziel in Reichweite Gasverbrauch erneut deutlich gesunken
Der drohende Gasmangel im Winter könnte abgewendet werden, wenn der Verbrauch in Deutschland weiter sinkt. Und die neuen Zahlen des Bundesverbands der Energiewirtschaft geben durchaus Grund zur Hoffnung.
Das Einsparziel der Bundesregierung von 20 Prozent vom Gasverbrauch ist noch nicht ganz erreicht. Die aktuelle Statistik des Bundesverband der Energiewirtschaft (BDEW) deutet aber darauf hin, dass es in Reichweite kommt.
Im ersten Halbjahr 2022 ist Deutschlands Gasverbrauch wegen der hohen Preise und milder Wintermonate im ersten Halbjahr deutlich gesunken. Mit 497 Milliarden Kilowattstunden seien 14,7 Prozent weniger Erdgas verbraucht worden als im Vorjahreszeitraum, erklärte der Verband heute.
Milder Winter und schwächere Konjunktur
Vor allem die hohen Preise für Erdgas, aber auch die milden Wintermonate im ersten Halbjahr seien dafür verantwortlich. Aber auch um die außergewöhnlich hohen Temperaturen bereinigt ging der Verbrauch des Brennstoffs laut BDEW um rund acht Prozent zurück. Im Monat Juni wurde sogar ein Minus von 22,6 Prozent festgestellt. Als Gründe dafür gelten einerseits die geringere Stromerzeugung über Gaskraftwerke, aber auch die allgemein schwächere wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland, die einen geringeren Gasverbrauch nach sich zieht.
Sparappelle und Energie-Verordnungen
Der Trend zu einem geringeren Verbrauch dürfte aber wohl nur anhalten, wenn im Herbst und Winter weitere Sparmaßnahmen greifen. Dazu gehört etwa die Absenkung der Raumtemperatur in öffentlichen Gebäuden. Über Verordnungen im Rahmen des Energiesicherungsgesetzes, das Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck angekündigt hat, soll auch festgelegt werden, dass Gebäude und Denkmäler nicht mehr nachts angestrahlt und Werbeanzeigen beleuchtet werden sollen.
"Um gut durch den Winter zu kommen, ist es wichtig, den Gasverbrauch weiter zu senken und den restlichen Sommer die Gasspeicher so weit wie möglich zu füllen", so BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae. Dabei müssten Industriebetriebe, aber auch jeder einzelne Haushalt mithelfen.
EU skeptisch bei Lindners Plan für Gasumlage
Auf die Verbraucherinnen und Verbraucher kommt ab Oktober eine Gasumlage zu, die wohl einen weiteren Sparimpuls auslösen könnte, aber Betriebe und Endverbraucher finanziell belastet. Um Gasimporteure zu stützen, müssen Kundinnen und Kunden in Deutschland 2,419 Cent pro Kilowattstunde ohne Mehrwertsteuer zahlen. Nach aktuellen Meldungen können sie dabei nicht auf eine Befreiung von der Mehrwertsteuer rechnen. Die EU-Kommission bekräftigte in Brüssel, dass eine Streichung der Steuer anders als von der Bundesregierung erhofft nicht möglich sei.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte auf EU-Ebene um eine Ausnahme gebeten. Ein Sprecher der EU-Kommission machte nun deutlich: "Es gibt an sich keine Möglichkeit, diese Art von Umlage auszunehmen." Zugleich betonte er: "Wir sind in Kontakt mit der deutschen Regierung, um Lösungen zu finden, die den Verbrauchern nutzen und den gleichen Effekt für sie hätten." Welche Optionen es gibt und wann die Brüsseler Behörde sich dazu äußern will, war zunächst unklar.