Klimaneutrales Heizen Warum mehr Fernwärme möglich ist
Die Fernwärmebranche hält eine Verdreifachung der Anzahl der Haushalte mit Wärmenetzanschluss bis 2050 für möglich. Doch was ist Fernwärme genau - und wie soll sie künftig klimaneutral werden?
Was ist Fernwärme und wie funktioniert sie?
Fernwärme ist eine Form der Wärmeversorgung, bei der die Wärme nicht vor Ort im Gebäude erzeugt wird, sondern aus einem zentralen Kraft- oder Heizwerk in der Nähe stammt. Dabei wird Wasser erhitzt und über isolierte Rohre zu den Verbrauchern transportiert. In den Gebäuden wird die Wärme dann über eine Übergabestation in den Wärmekreislauf eingespeist, um Raumwärme und warmes Wasser bereitzustellen. Eigenständige Heizungsanlagen in den Gebäuden werden dabei nicht benötigt.
Wie viele Haushalte könnten künftig einen Fernwärme-Hausanschluss haben?
Die Fernwärmebranche AGFW hält eine Verdreifachung der Anzahl der Haushalte mit Wärmenetzanschluss bis 2050 für möglich. Derzeit wird jede siebte Wohnung, also etwa sechs Millionen der 43 Millionen Wohnungen, mit Fernwärme beheizt. Die Branche strebt an, diese Zahl auf 18 bis 20 Millionen zu erhöhen. Fernwärme rechnet sich laut Verbraucherzentrale dann, wenn möglichst viele Nutzer an das Wärmenetz angeschlossen sind, ist doch die Verlegung der Netze und der Bau der Erzeugungsanlagen in der Regel mit erheblichen Kosten verbunden. Fernwärme eigne sich daher vor allem in dicht besiedelten (Neubau-)Gebieten.
Wie umweltfreundlich ist Fernwärme?
Die Umweltfreundlichkeit von Fernwärme hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie dem verwendeten Energieträger, der Effizienz der Erzeugung im Kraftwerk und dem Ausmaß der Leitungsverluste. Der Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung, bei dem neben Wärme auch Strom erzeugt wird, bietet eine hohe Energieausbeute. Aktuell stammt die Energie laut dem Fernwärme-Fachverband AGFW zu rund 70 Prozent aus fossilen Energieträgern. Die übrigen 30 Prozent entfallen auf Wärme aus der Verbrennung von Abfall oder Biomasse (Holzhackschnitzel) sowie aus Geothermie und anderen erneuerbaren Quellen.
Wie kann Fernwärme klimaneutral werden?
In Fernwärme-Infrastrukturen können verschiedene erneuerbare Quellen und Technologien integriert werden, die dem Fernwärme-Fachverband AGFW zufolge bis 2045 die Klimaneutralität der Wärmenetze ermöglichen würden. Beispiele hierfür sind Großwärmepumpen, Geothermie, Solarthermie, Biomasse und Abwärme aus Industrie oder Rechenzentren. Der stellvertretende Geschäftsführer des Fachverbandes AGFW, John Mille, hebt in diesem Zusammenhang die Hebelwirkung einer Umstellung auf Erneuerbare Energien hervor. Würde etwa ein mit Kohle befeuertes Heizkraftwerk dann mit klimaneutralen Brennstoffen betrieben oder durch klimaneutrale Technologien ersetzt, hätten mit einem Mal Tausende Wohneinheiten den Brennstoff gewechselt.
Wie bewertet die Bundesregierung Fernwärme?
Im neulich bekannt gewordenen ersten Gesetzentwurf für die kommunale Wärmeplanung stellt das Bundesbauministerium fest: "Der Ausbau der Fernwärme und die Dekarbonisierung der leitungsgebundenen Wärmeversorgung sind für eine Erreichung der Klimaschutzziele des Bundes von herausragender Bedeutung." Im geplanten Gebäudeenergiegesetz, dem sogenannten Heizungsgesetz, sind auch Vorgaben für Wärmenetze geplant. So soll es eine Verpflichtung geben, in bestehenden Wärmenetzen bis 2030 mindestens 50 Prozent erneuerbare Wärme oder Abwärme einzusetzen. Für neue Wärmenetze soll ein Anteil von 65 Prozent verlangt werden.
Wie viel Fernwärmenetze gibt es in Deutschland?
Laut Fernwärmeverband AGFW sind es derzeit knapp 3800. Sie werden von rund 500 Unternehmen betrieben. 2020 lag die Trassenlänge insgesamt bei über 31.000 Kilometern. Laut Energiewirtschaftsverband BDEW wurden 2022 14,2 Prozent der 43,1 Millionen Wohnungen in Deutschland mit Fernwärme beheizt, das ist etwa jede siebte Wohnung. Der Anteil hat sich in den vergangenen 20 Jahren stetig erhöht. 2003 lag er bei 12,4 Prozent.
Gibt es für Haushalte die Möglichkeit, den Fernwärme-Anbieter zu wechseln?
Nein, ein Wechsel des Fernwärme-Anbieters ist in der Regel nicht möglich. Die Planung und der Betrieb des Kraftwerks und des Fernwärmenetzes liegen in der Verantwortung eines Unternehmens, was eine doppelte Infrastruktur unwirtschaftlich machen würde. Daher gibt es für Fernwärmeunternehmen oft eine Art Monopolstellung in ihrem Versorgungsgebiet. In einigen Fällen können Kommunen sogar einen Anschluss- und Benutzungszwang für Fernwärme vorschreiben. Die Eigentümer sind dann gezwungen, ihr Haus mit Fernwärme zu versorgen. Die rechtlichen Grundlagen für die Nutzung von Fernwärme sind in einer eigenen Verordnung festgelegt.