Nach der Naturkatastrophe Wer braucht eine Elementarversicherung?
Nach den schweren Unwettern im Westen melden Versicherungen einen sprunghaften Anstieg des Interesses an einer Elementarschadenversicherung. Doch für wen lohnt sich ein solches Angebot überhaupt?
Nach der Flutkatastrophe in Westdeutschland ist die Debatte darüber entbrannt, wie Schäden durch Naturkatastrophen besser abgesichert werden können. Die üblichen Gebäudeversicherungen umfassen zwar Sturm und Hagel, nicht aber Hochwasser, Überschwemmungen oder Erdrutsche - das muss mit Elementarverträgen zusätzlich abgesichert werden.
Die erfreuen sich gerade wachsender Beliebtheit. So gab es schon im Juni bei der HUK Coburg viermal so viele Anfragen wie im Vorjahresmonat. Und bei der Kölner DEVK stiegen im vergangenen Monat die Vertragsabschlüsse im "sonstigen Sachgeschäft", zu dem die Wohngebäudeversicherung mitsamt Elementarschutz zählt, im Vergleich zum Vorjahresmonat um 47 Prozent. Auch die Allianz als größter deutscher Versicherer meldet eine stark gestiegene Nachfrage, indes ohne Zahlen zu nennen.
Ähnliches war schon 2016 zu beobachten: Damals gab es nach schweren Überschwemmungen in Bayern und Baden-Württemberg deutschlandweit einen Sprung mit einem Plus von acht Prozent bei Elementarverträgen. Die übliche Wachstumsrate ist mit einem jährlichen Plus von vier bis fünf Prozent niedriger, zeigen Zahlen des Versicherungsverbands GDV.
Nur 40 Prozent der Gebäude versichert
Dem GDV zufolge sind nur rund 40 Prozent aller Gebäude in Deutschland gegen die finanziellen Folgen durch Naturgefahren versichert. Dabei müssen Hausbesitzer wissen, dass eine normale Gebäudeversicherung oder eine Hausratversicherung im Fall von Katastrophen wie jüngst in Rheinland-Pfalz und in Nordrhein-Westfalen nichts zahlt. Die Standard-Policen decken nur Schäden ab, die durch Brände, Blitzeinschläge, Sturm und Hagelschauer verursacht werden. Andere sogenannte Elementarschäden durch Naturereignisse benötigen eine zusätzliche Police.
Diese ist mit zusätzlichen Ausgaben verbunden. So kostet eine Standard-Gebäudeversicherung für ein Einfamilienhaus in normaler Lage und mit Keller etwa 200 Euro im Jahr, bei einer Selbstbeteiligung von 250 Euro. Fügt man eine Elementarversicherung gegen Naturschäden hinzu, steigt die Prämie je nach Anbieter auf bis zu 300 Euro und mehr. Die Beiträge sind abhängig von der Wahrscheinlichkeit für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen. Grundlage dafür ist ein brancheneigenes, vierstufiges Geoinformationssystem zur Einschätzung von Naturgefahren.
Nicht immer ist ein Versicherungsschutz möglich
Verbraucherschützer weisen darauf hin, dass es zunehmend gefährdete Lagen gibt, zum Beispiel an Flüssen, die sich gegen Hochwasserschäden kaum noch versichern lassen. "Hausbesitzer, die in Gegenden wohnen, die regelmäßig von Überschwemmungen oder anderen Naturschäden betroffen sind, müssen entweder sehr hohe Prämien zahlen, hohe Selbstbeteiligungen in Kauf nehmen oder sie bekommen gar keinen Versicherungsschutz für Elementarschäden angeboten", heißt es beim Bund der Versicherten, einer in Hamburg ansässige Verbraucherschutzorganisation.
Der Versicherungsverband GDV hält dagegen und sagt, es gebe keine "Unversicherbarkeit". Vielmehr gehe es um die Frage, ob der Versicherte bereit sei, "eine Prämie zu bezahlen, die dem Risiko seines Hauses und seines Standortes entspricht".
Branche lehnt Pflichtversicherung ab
Um die Bürger dazu zu bringen, sich vermehrt selbst zu versichern, hatten die Ministerpräsidenten 2017 beschlossen, die Auflagen für Nothilfen zu verschärfen. Staatshilfen sollten nur jene bekommen, die sich erfolglos um eine Versicherung bemüht hatten oder die verlangten Prämien nicht zahlen konnten. Trotzdem ist bei der jüngsten Flutkatastrophe der Staat erneut als Letztversicherer aufgetreten. So hat Rheinland-Pfalz bei der Auszahlung der Hilfsgelder keinen Unterschied zwischen Versicherten und Unversicherten gemacht. Alle Haushalte erhielten eine Soforthilfe von bis zu 3500 Euro.
Eine zuletzt wieder ins Gespräch gebrachte Pflichtversicherung lehnt die Branche ab und verweist auf die hohen Kosten der jüngsten Flutkatastrophe: Die könnten nach neuesten Schätzungen des Branchenverbandes bis zu 5,5 Milliarden Euro betragen. Auch seien in manchen Gegenden die Policen weniger dringlich, da die Wahrscheinlichkeit von Hochwasser dort gering sei. Andere gefährdete Lagen, zum Beispiel an Flüssen, ließen sich dagegen nur schwer gegen Überschwemmungen absichern. GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen hat deshalb ein neues "Gesamtkonzept für Flächen- und Bauplanung sowie den Katastrophenschutz" ins Gespräch gebracht.