Hohe Spritpreise ifo-Experten nehmen Ölkonzerne in Schutz
Sind steigende Rohölpreise Grund für den immer noch teuren Sprit - oder machen die Mineralölkonzerne Kasse? Laut Ökonomen des ifo-Instituts haben die Unternehmen den Tankrabatt weitgehend an Autofahrer weitergereicht.
Die wegen steigender Benzinpreise kritisierten Ölkonzerne haben den Tankrabatt nach Berechnungen des ifo-Instituts weitgehend den Kunden an den Zapfsäulen zugute kommen lassen. Beim Diesel hätten die Tankstellen die vorübergehende Steuersenkung um 17 Cent je Liter zu 100 Prozent weitergegeben, teilten die Münchner Ökonomen am Dienstag mit. Bei Super waren es demnach 85 Prozent des um 35 Cent gesenkten Steuersatzes.
Grundlage der Berechnungen war der Vergleich mit Frankreich, wo es keinen Tankrabatt gibt. Dort wurde Benzin in den vergangenen Wochen infolge steigender Ölpreise demnach kontinuierlich teurer. In Deutschland hingegen sanken die Benzinpreise zunächst spürbar, bevor sie wieder anzogen.
Zuletzt hatte der ADAC kritisiert, die Steuersenkung lande zum großen Teil bei den Ölkonzernen. "Natürlich haben wir auch einen Anstieg beim Ölpreis gehabt. Aber es gibt aus Sicht des ADAC keinen Grund, warum die Preise so steigen", sagte ein Sprecher des Automobilclubs.
Kapazitäten der Raffinerien nicht erweitert
Die Ölförderkonzerne wie BP mit seinen Aral-Tankstellen in Deutschland oder Shell gelten als Profiteure von Ölpreisen jenseits der Marke von 120 Dollar pro Barrel. Experten zufolge entfällt ein großer Teil der hohen Gewinne in der Branche auf die Raffinerien, die das Rohöl "cracken" und damit seine schweren Bestandteile in leichtere umwandeln. Auf diese Weise wird es zu Ölprodukten wie Benzin und Diesel verarbeitet. Zu den größten Raffineriebetreibern in Deutschland gehören indes die Ölmultis Shell, BP und Total.
Fachleute achten dabei auf den so genannten "Crack-Spread" - also die Preisdifferenz zwischen den raffinierten Ölprodukten und dem Ölpreis. Diese liegt laut Berechnungen des Marktexperten Robert Rethfeld vom Börsenbrief "Wellenreiter-Invest" derzeit bei rund 55 Dollar. Die Preise für Produkte wie Benzin und Diesel liegen damit auf dem Niveau eines Ölpreises von rund 175 US-Dollar. Aktuell beträgt der Marktpreis etwa für Nordsee-Rohöl der Sorte Brent etwa 122 Dollar pro Barrel. "Raffineriekapazitäten wurden aufgrund der Pandemie nicht erweitert, während die Nachfrage stark zunahm", so Rethfeld.
Billiger Tanken am Abend
Die Kritik am Tankrabatt der Bundesregierung reißt indes nicht ab. ifo-Chef Clemens Fuest bezeichnet ihn als Steuergeschenk für Wohlhabende. "Er kommt Menschen mit höherem Einkommen und höheren Spritausausgaben zugute und nicht Menschen mit geringem Einkommen", so Fuest. "Darüber hinaus setzt er die falschen Anreize: Er hält nicht dazu an, weniger Benzin und Diesel zu verbrauchen." Dies sei aber nötig - aus ökologischen Gründen und um die Abhängigkeit von Russland zu verringern.
Der ADAC rät Autofahrern angesichts der hohen Spritpreise, die teils großen Preisschwankungen an den Tankstellen innerhalb eines Tages im Blick zu behalten. Vor allem morgens sind Benzin und Diesel nach Angaben des Automobilclubs besonders teuer. Die Preisspitze ist üblicherweise morgens nach 7 Uhr, wie aus einer Auswertung des ADAC hervorgeht. Am günstigsten ist das Tanken demnach zwischen 20 und 22 Uhr. Die Differenz zwischen dem Höchststand am Morgen und dem Tiefststand am Abend betrage bei Diesel gut 16 Cent, bei Super E10 seien es zehn Cent.