Verbraucherschützer warnen Anlagebetrüger werden raffinierter
Totalverlust statt der versprochenen traumhaften Gewinne: Immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher werden Opfer von betrügerischen Anlage-Versprechen. Die Methoden der Betrüger werden immer raffinierter.
Immer mehr Trading-Plattformen im Internet werben für schnelle Profite. Hinter vielen davon stecken betrügerische Absichten. Ihr Geld sehen leichtgläubige Anlegerinnen und Anleger zumeist nicht wieder.
"Bei uns melden sich leider immer wieder Menschen, die auf solche Kriminellen hereingefallen sind und dort Geld verloren haben", sagt Ralf Scherfling von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, "was wir jetzt bei uns an Meldungen bekommen, ist vielleicht repräsentativ, aber wir sehen auf jeden Fall, die Zahlen gehen nicht zurück".
Bitcoin und Kryptowährungen als Betrugsmasche genutzt
Die Formen der Geldanlage, in die die "Opfer" der Betrüger gelockt werden, sind vielfältig. Derzeit liegen Bitcoin und andere Kryptowährungen im Trend: "Das liegt daran, dass das ein Thema ist, was halt gerade auch sehr gehypt wird und bei vielen Menschen dann bekannt ist. Kriminelle springen dann gerne diesen Zug auf", sagt Scherfling.
Aber auch mit der vermeintlich gewinnträchtigen "Super-Aktie", einem tollen Investmentfonds, der auf eine Wachstumsbranche setzt, und selbst mit Festgeldangeboten werden Sparerinnen und Sparer gelockt. Die Angebote mit den sagenhaften Renditen sind für viele offenbar zu attraktiv um zu widerstehen.
"Crime as a service" - Verbrechen auf Bestellung
Die Betrüger, die hinter den vielen Trading-Apps, Werbeanzeigen oder YouTube-Filmchen stecken, werden derweil immer dreister und auch professioneller, inzwischen gibt es dort eine regelrechte Arbeitsteilung, so Ruprecht Hammerschmidt von der Finanzaufsicht BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht): "Früher lag die Entwicklung von der Akquise bis zur eigentlichen 'Finanzverwertung' meist in einer Hand. Inzwischen haben wir es aber mit hochspezialisierten Tätern zu tun. Wir nennen das 'Crime as a Service'. Dabei verlagern sich die einzelnen Tathandlungen auf hochspezialisierte Täter. Ein Beispiel ist, dass manche von ihnen ausschließlich Webseiten herstellen, das aber wie am Fließband."
Die angeblichen Plattformen, die dabei entstehen, sind für Laien oft von seriösen Anbietern kaum zu unterscheiden. Laut der BaFin hat im vergangenen Jahr der so genannte "Identitätsmissbrauch" deutlich zugenommen. Dabei nutzen Betrüger Namen, die seriösen Finanzdienstleistern zum Verwechseln ähnlich sind. Dies geht bis hin zum Impressum und der Handelsregisternummer.
"Ein Trend ist zudem, dass Anleger Einzahlungen auf ihr vermeintliches Handelskonto per Krypto-Geldbörse vornehmen sollen", berichtet Hammerschmidt, "viele Opfer kennen sich mit den sogenannten Wallets aber nicht aus und verraten dann mitunter den angeblichen Beratern ihre Zugangsdaten für das Online-Banking. Dann ist meist nicht nur das Geld für die Anlage weg, sondern deutlich größere Summen".
Kunden werden "bearbeitet"
Ein entscheidender Bereich der Arbeitsteilung im kriminellen Milieu ist auch die "Betreuung" der Kunden. Über E-Mails, per Textnachricht etwa auf WhatsApp, aber auch per Telefon werden die Sparer "dauerbearbeitet". Sie sollen oft dem bereits überwiesenen Geld noch mehr Mittel folgen lassen. Damit müssten erforderliche Gebühren bezahlt oder erforderliche Mindestsummen für den "ganz großen Trade" bereitgestellt werden.
Wer sein eingezahltes Geld mit den angeblichen Gewinnen zurückfordert, sieht sich mit Ausreden und Verzögerungen konfrontiert. Zumeist erfolgen kleine Rücküberweisungen nur, um dann noch größere Summen von den Kunden zu erhalten.
Gang zur Polizei im Schadensfall
Das Geld, das bei den betrügerischen Plattformen landet, ist in der Regel unwiederbringlich verloren, berichtet Ralf Scherfling die Erfahrungen der Verbraucherzentrale: "Wenn ich eine Überweisung gemacht habe, und ich merke sofort, dass das Betrug war, könnte ich theoretisch noch einen Überweisungsrückruf versuchen. Man kann auch schauen, habe ich möglicherweise Teilbeträge mit der Kreditkarte bezahlt? Kann ich hier über das Charge-back-Verfahren möglicherweise noch etwas zurückbekommen?"
Die Anlagebetrüger agieren zumeist aus dem Ausland, eine Strafverfolgung gestaltet sich schwierig. Dennoch empfiehlt Scherfling den Gang zur Polizei: "In jedem Fall sollte man Strafanzeige stellen. Damit dokumentiert ist, hier lag Betrug vor, und man hat Ansprüche, falls die Kriminellen dann doch dingfest gemacht werden."
Warnungen der Finanzaufsicht prüfen
Besser als verlorenem Geld hinterher zu laufen, bleibt freilich, Vorsicht walten zu lassen, bevor man mit eigenem Geld die vermeintlich hundertprozentige Chance zu nutzen versucht. Dazu sollte auch gehören, sich bei der Finanzaufsicht über die Anbieter zu informieren, die man nutzen möchte.
"Die BaFin warnt regelmäßig vor betrügerischen Handelsplattformen", sagt Ruprecht Hammerschmidt von der Finanzaufsicht, "in diesem Jahr haben wir bereits rund 200 Warnungen wegen unerlaubter Geschäfte veröffentlicht." Diese Warnungen öffentlich zugänglich und können über eine Suchfunktion auf der Internet-Seite der BaFin gefunden werden. Daneben hat die Behörde auch eine Unternehmensdatenbank eingerichtet, in der alle Firmen aufgelistet sind, die von ihr eine Erlaubnis für ihre Geschäfte erhalten haben.
Auch die Verbraucherzentralen bieten Hilfestellungen wie Checklisten an, nach denen man Anbieter überprüfen kann. Gesundes Misstrauen gegenüber vermeintlich sicheren und hochprofitablen Geldanlagen dürfte aber die beste Versicherung gegen einen Totalverlust sein. Geheimtipps und "die große Chance" gibt es am Kapitalmarkt nun einmal nicht. Und wenn doch, dann werden sie kaum öffentlich beworben.