Kritik von Greenpeace Problematische Investitionen bei der Aktienrente?
Wie soll künftig die Aktienrente generiert werden? Dafür zuständig ist ein Fonds, der außerdem auch das Geld verwaltet, mit dem Atommülllagerung finanziert werden soll. Doch es gibt Kritik an der Anlagestrategie: Sie sei nicht nachhaltig.
Die Aktienrente, offiziell Generationenkapital genannt, soll durch Investitionen am Aktien- und Anlagenmarkt finanziert werden. Dafür zuständig ist der sogenannte KENFO. Dieser Fonds verwaltet derzeit Geld für die Finanzierung der Zwischen- und Endlagerung von Atommüll. Künftig soll er auch für die Aktienrente zuständig sein. Für diese stellt der Bund einen Kapitalstock zur Verfügung. Der KENFO soll die Mittel gewinnbringend anlegen, um die Rentenkasse zu entlasten. Doch die bisherige Anlagestrategie des KENFO stößt auf Kritik.
Greenpeace hat eine Studie vorgelegt, aus der nach Angaben der Umweltorganisation hervorgeht, dass die Anlagestrategie nicht nachhaltig ist. Die Analyse habe gezeigt, "dass die bestehende Strategie erhebliche Defizite aufweist, die eine glaubwürdige Umsetzung internationaler Umwelt- und Menschenrechtsstandards gefährden", erklärte Greenpeace. Rund 5,5 Prozent des derzeitigen Anlageportfolios seien mit "schwerwiegenden Klima-, Umwelt- und Menschenrechtskontroversen verbunden".
Studie nimmt Anlagestrategie unter die Lupe
Greenpeace hatte die Vorgaben des Fonds für die Geldanlage sowie die tatsächlichen Investitionen untersucht. Dafür glich die Organisation "etablierte Listen kritischer Unternehmen verschiedener Nichtregierungsorganisationen" mit dem KENFO-Portfolio zum Stichtag 31. Dezember 2023 ab. Der Analyse zufolge gibt es bei rund 5,5 Prozent des Portfolios schwerwiegende "Kontroversen". Das entspreche einem Anlagevolumen von 1,29 Milliarden Euro. Greenpeace kritisiert unter anderem die Investition in Wertpapiere des Öl- und Gasförderers Saudi Aramco und des brasilianischen Rindfleischproduzenten JBS.
Im Detail sei die Anlagestrategie des Fonds intransparent, kritisiert Greenpeace. So veröffentliche er "zum Beispiel keine CO2-Bilanzen seines Portfolios nach gängigen Metriken". Auch habe sich der Fonds zwar zur "Klimaneutralität bis 2050" verpflichtet. Es fehle aber "an einer klaren Linie, wie man dies erreichen kann". Mauricio Vargas, Finanzexperte von Greenpeace sagte: "Das Generationenkapital braucht stärkere Nachhaltigkeitsregeln, damit nicht Milliarden in umweltzerstörende Unternehmen investiert werden, von denen selbst die private Finanzindustrie die Finger lässt."
Insgesamt weise die derzeitige Anlagestrategie "erhebliche Defizite" auf, resümierte Greenpeace. "Für das geplante Generationenkapital besteht daher dringender Handlungsbedarf, um glaubwürdige Nachhaltigkeitsstandards zu gewährleisten", hieß es weiter. "Das Ziel der ethischen Geldanlage muss bereits im Gesetz verankert werden."
KENFO weist Kritik zurück
Eine Sprecherin des KENFO wies gegenüber tagesschau.de die Kritik von Greenpeace zurück. Man könne viele Aussagen der Studie nicht nachvollziehen. So beachte die Greenpeace-Studie nicht, wie sich Nachhaltigkeitsansätze auf die - gesetzlich festgelegten - Renditeziele auswirkten. Es werde regelmäßig überprüft, wie Nachhaltigkeitskriterien effizient und renditeorientiert umgesetzt werden können.
Man investiere "in Öl- und Gasunternehmen, um die notwendige klimaneutrale Transformation zu begleiten", hieß es. Das täten auch andere institutionelle Investoren. Der Anteil von Öl- und Gasunternehmen im KENFO-Portfolio sei aktuell jedoch nur etwa halb so hoch wie der gängiger Marktindizes. Einen generellen Ausschluss von Öl- oder Gasunternehmen hält der KENFO nicht für sinnvoll.
Kritik gab es bereits vorher
Es ist nicht das erste Mal, dass der KENFO und die geplante Anlagestrategie des Generationenkaptials in die Kritik geraten: Ende September veröffentlichte das Recherchenetzwerk CORRECTIV eine Recherche, die zeigte, dass sich das Bundesfinanzministerium unter anderem von der US-amerikanischen Investmentgesellschaft Blackrock beraten ließ. Problematisch ist das laut dem Recherchenetzwerk, da Blackrock laut der Datenbank Investing in Climate Chaos im Mai 2024 mit über 430 Milliarden Euro in fossile Firmen investiert war, etwa Exxonmobil oder Shell.
Das Finanzministerium sagte damals auf Nachfrage von CORRECTIV, vertrauliche Gespräche könne man nicht kommentieren. Zur "Einholung unterschiedlicher Perspektiven" sei es im Rahmen von Gesetzgebungsprozessen üblich, dass "Gespräche mit vielen Stakeholdern aus unterschiedlichen Bereichen geführt" würden.
KENFO verweist auf ESG-Kriterien
Immerhin verweist der KENFO auf seiner Webseite schon jetzt darauf, dass man bei Investitionen auf die sogenannten ESG-Kriterien achte. ESG steht für Umwelt (englisch: environment), Soziales (englisch: social) und Unternehmensführung (englisch: governance). Ausgeschlossen sind Investitionen in Firmen aus bestimmten Branchen, darunter Betreiber von Atom- und Kohlekraftwerken sowie Waffenhersteller. Auch Staatsanleihen autoritär regierter Länder werden laut KENFO nicht gekauft.
Zu strenge Vorgaben lehnt der KENFO ab. Die Vorstandschefin des Fonds, Anja Mikus äußerte sich kürzlich in einem Interview zu dem Thema. Dem Portal Table.Media sagte sie, Nachhaltigkeit sei "ein sehr dynamischer Prozess, da gibt es immer neue Erkenntnisse, Messverfahren, Technologien. Wenn man diese Details heute im Gesetz festschreibt, ist es schwierig, diese zu ändern, wenn es später nicht mehr passt."
Außerdem stünden zu viele Vorgaben "im Widerspruch zu den Renditeerwartungen". Auf die Frage, warum der KENFO derzeit in Öl- und Gaskonzerne investiere, sagte die Vorstandschefin: "Wenn wir Aktien fossiler Unternehmen nicht mehr kaufen, wird dadurch keinerlei CO2 eingespart."