700-Milliarden-Dollar-Paket vor dem Senatsausschuss Zähes Ringen um den Rettungsplan
Das hatte sich Finanzminister Paulson einfacher vorgestellt. Doch im Bankenausschuss des US-Senats wurde sein Rettungsplan für die Banken scharf kritisiert. Während die Demokraten monierten, es gebe "keinen Plan B", nannte der Republikaner Bunning das 700-Milliarden-Dollar-Paket "unamerikanisch".
Von Klaus Kastan, BR-Hörfunkstudio Washington
Für US-Finanzminister Henry Paulson und Notenbankchef Ben Bernanke war es wohl eher ein enttäuschendes Treffen: Denn nach ihrer Befragung durch die Mitglieder des Bankenausschusses des Senats war ihnen klar, dass der Kongress den Rettungsplan für den angeschlagenen Finanzsektor nicht so einfach durchwinken wird, wie sie es sich erhofft hatten.
"Es gibt keinen Plan B"
Christopher Dott, der Vorsitzende des Bankenausschusses, sagte während der Senatsanhörung Bernanke und Paulson ins Gesicht: "Ich weiß, dass Geschwindigkeit wichtig ist, aber ich bin noch viel mehr daran interessiert, dass wir hier etwas Richtiges beschließen. Es gibt keinen Plan B, es gibt keine alternativen Vorstellungen für den Fall, dass dieser Rettungsplan nicht funktionieren sollte." Noch schärfer formulierte es der republikanische Senator Jim Bunning. Er bezeichnete den 700-Milliarden-Dollar-Rettungsplan für die Finanzwelt als "sozialistisch" und "unamerikanisch".
"Wer soll denn sonst die Kosten tragen?"
Zuvor hatten der Finanzminister und der Notenbankchef eindringlich auf eine schnelle Verabschiedung des umfangreichen Hilfsprogramms gedrängt, damit sich die Märkte und die Wirtschaft wieder stabilisieren könnten. Henry Paulson, in dessen Ministerium das Rettungspaket geschnürt wurde, meinte: "Das was wir vorhaben verärgert Sie, und es verärgert mich, wenn hier der Steuerzahler zur Kasse gebeten wird. Aber egal, wie wir es drehen: Der Steuerzahler wird letztendlich immer zur Kasse gebeten werden bei dem System, das wir haben. Wer soll denn sonst die Kosten tragen, wenn das System nicht stabil ist?"
Das sind ganz ungewohnte Töne von Henry Paulson. Denn der amerikanische Finanzminister ist ein Verfechter einer freien Marktwirtschaft. Bevor er 2006 in das Kabinett von Präsident Bush wechselte, war er Chef von Goldman Sachs, der wichtigsten Investmentbank der Wall Street in New York und einer der bestverdienenden Banker auf der Welt. Sein Privatvermögen wird auf 700 Millionen Dollar geschätzt. In der Vergangenheit gab es kaum eine Rede - weder in seiner alten noch in seiner neuen Funktion - bei der er nicht vor "zuviel Staat" gewarnt hätte.
"Die US-Wirtschaft ist stark in ihren Fundamenten"
Lange Zeit wollte er auch nicht die Dimensionen der internationalen Finanzkrise sehen, die sich aber schon seit Sommer 2007 abzeichneten. Noch vor genau einem Jahr sagte Paulson auf einer Pressekonferenz in Washington: "Die amerikanische Wirtschaft ist gesund, die Arbeitslosigkeit ist niedrig, die Gehälter steigen und die Inflation ist unter Kontrolle. Und trotz der Schwächen auf dem Immobiliensektor wird unsere Wirtschaft weiter wachsen." Und noch im Februar dieses Jahres - als die Finanzwelt immer stärker ins Trudeln geriet - meinte der Finanzminister: "Die amerikanische Wirtschaft ist stark in ihren Fundamenten, sie ist vielseitig und widerstandsfähig."
Doch diese starke US-Wirtschaft, auf die Paulson so selbstbewusst vor sieben Monaten verwiesen hat, ist nicht in der Lage, die jetzige Finanzkrise allein zu bewältigen. Der Ruf nach dem Staat war in den letzten Wochen unüberhörbar - und der Staat hat reagiert und wird helfen, weil sonst das internationale Finanzwesen noch stärker ein- und zusammenbrechen würde. So wandelte sich Henry Paulson innerhalb kürzester Zeit von einem strikten Gegner staatlicher Hilfe für die Wirtschaft zu ihrem größten Befürworter. Die Zeiten haben sich geändert - und der Finanzminister auch.