Sparpläne im Fokus VW und IG Metall starten Tarifrunde
Volkswagen und IG Metall treffen heute erstmals zu Verhandlungen zusammen. Nachdem der Autobauer die Beschäftigungssicherung aufgekündigt hat, steht eine harte Tarifrunde bevor. Ab Dezember drohen Streiks.
Diese Tarifrunde hat es in sich: Angesichts der neuen Sparpläne bei Volkswagen geht es in den Verhandlungen zwischen dem Autobauer und der IG Metall um viel mehr als üblich. Am Vormittag kommen beide Seiten in Hannover zusammen. Die Positionen liegen weit auseinander. Während VW auf Einsparungen auch bei den Personalkosten drängt, will die IG Metall Einschnitte verhindern.
Die eigentlich erst für Ende Oktober geplante Tarifrunde war vorgezogen worden, nachdem der Autokonzern seinen Sparkurs Anfang des Monats verschärft hatte. Statt nur über das Entgelt soll auch über die von VW gekündigte Beschäftigungssicherung verhandelt werden.
Betroffen sind zunächst nur die rund 120.000 Beschäftigten in den sechs großen westdeutschen Werken, die unter den VW-Haustarif fallen. Bei VW Sachsen gelten eigene Regelungen. Auch dort hatte VW gestern die Beschäftigungssicherung aufgekündigt.
Was Volkswagen will
"Wir müssen gemeinsam unser Unternehmen restrukturieren. Die Situation ist ernst", erklärte VW-Verhandlungsführer Arne Meiswinkel, Personalvorstand der Kernmarke Volkswagen, vor dem Auftakt der Gespräche. "In der ersten Verhandlungsrunde wird es darum gehen, dass wir uns ein gemeinsames Bild über die Ausgangslage verschaffen."
Der Autokonzern hatte Anfang des Monats seinen Sparkurs bei der Kernmarke verschärft und die seit 30 Jahren geltende Beschäftigungssicherung gekündigt. Laut Manager Magazin könnten mittelfristig bis zu 30.000 Jobs wegfallen. Auch die Schließung ganzer Werke wird nicht länger ausgeschlossen. Laut Finanzvorstand Arno Antlitz fehlen dem Konzern die Verkäufe für rund zwei Werke. Zudem will VW die Bezahlung der Leiharbeiter senken und weniger Auszubildende übernehmen.
Konzernchef Oliver Blume drängte auf Zugeständnisse der IG Metall: "Ich erwarte dort schon deutliche Bewegung, um auf der Kostenseite voranzukommen", sagte er am Montag im ZDF. "Wir werden hier in Deutschland auch um jeden Arbeitsplatz kämpfen, das ist ganz klar. Aber dafür ist die Grundlage, dass wir auf der Kostenseite über alle Bereiche deutlich nach unten kommen." Ziel sei es, bis Jahresende zu einer Einigung zu kommen.
Was die IG Metall fordert
"Über Werksschließungen und Massenentlassungen ist mit uns nicht zu reden", erklärte dagegen Niedersachsens IG-Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger vor den Verhandlungen. Betriebsratschefin Daniela Cavallo, die für die IG Metall mit am Verhandlungstisch sitzt, hatte beides zuvor als klare rote Linien bezeichnet.
Die IG Metall forderte das Management auf, zunächst konkrete Sparpläne auf den Tisch zu legen, damit man in Verhandlungen eintreten könne. Bisher gebe es außer der Kündigung mehrerer Tarifverträge keinerlei Details zu möglichen Entlassungen und Werksschließungen. Damit gieße VW "zusätzliches Öl ins Feuer", kritisierte Gröger. "Wir erwarten heute Antworten."
Zudem solle "Schluss mit dem Negativszenario" sein. Stattdessen brauche man "ein tragfähiges Zukunftskonzept für alle Standorte", das ohne Werksschließungen und Massenentlassungen auskomme.
Bei den Entgelten fordert die IG Metall für die Branche und auch bei VW sieben Prozent mehr Lohn. Ab Dezember wären auch Streiks möglich. Dann endet bei VW die Friedenspflicht. "Wir stehen erst am Anfang einer Auseinandersetzung mit dem Unternehmen, die sich gewaschen hat", so Gröger. Falls nötig, stünden ab dem 1. Dezember zehntausende VW-Beschäftigte vor den Werkstoren und auf der Straße.
Weil fordert Lösung am Verhandlungstisch
Kommt es zu keiner Einigung, so würden mit der Job-Garantie auch die Zugeständnisse der Belegschaft wegfallen, auf die man sich vor 30 Jahren geeinigt hatte, etwa der Verzicht auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Die IG Metall warnte, dass es dann für VW sogar teurer würde. VW drohte dagegen, dass in diesem Fall "betriebsbedingte Kündigungen nicht auszuschließen sind". Möglich wäre das ab Juli 2025.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) rief vor dem Start der Gespräche dazu auf, am Verhandlungstisch eine Lösung zu finden. "Volkswagen braucht Gespräche, Volkswagen braucht kluge Konzepte, aber Volkswagen braucht keinen weiteren öffentlichen Schlagabtausch", so Weil, der für das Bundesland im VW-Aufsichtsrat sitzt. Niedersachsen hält gut 20 Prozent der Anteile und hat bei wichtigen Entscheidungen ein Vetorecht.