Gas-Schutzschirm Uniper beantragt Staatshilfen
Der Gasimporteur Uniper hat beim Bund einen Antrag auf Stabilisierungsmaßnahmen gestellt. Dabei geht es um einen Einstieg des Bundes, höhere Kredite und um die Möglichkeit, Preissprünge an die Kunden weiterzugeben.
Der angeschlagene Energiekonzern Uniper hat bei der Bundesregierung Stabilisierungshilfen beantragt. Der Vorschlag ziele auf eine faire Kostenverteilung, eine Aufstockung der bestehenden Kreditlinie durch die staatliche Förderbank KfW sowie eine mögliche Beteiligung des Bundes am Unternehmen ab, wie Uniper in einer Pflichtmitteilung an die Börse erklärte. Die Maßnahmen sollen helfen, die derzeit entstehenden Verluste zu beenden und den Liquiditätsbedarf von Uniper zu decken.
Uniper will Preissprünge weitergeben dürfen
Vor diesem Hintergrund schlägt Uniper auch vor, Preissprünge umgehend an Kunden weitergeben zu können. Hierzu haben Bundestag und Bundesrat gerade durch die beschlossenen Gesetzesänderungen zusätzliche Möglichkeiten geschaffen: Es könnte ein Umlagesystem geschaffen werden, damit Preissprünge beim Gas für Energieversorger gleichmäßiger auf Kunden umgelegt werden können - als Ersatz für bisher mögliche Regeln zu den Preisanpassungen. Die Bundesregierung will diese Option aber nach eigenem Bekunden möglichst nicht nutzen, zumindest derzeit noch nicht.
Zur möglichen direkten Staatsbeteiligung schrieb das Unternehmen, dass der Antrag einen Vorschlag für "Eigenkapitalkomponenten" enthalte, "die zu einer relevanten Beteiligung des Bundes an der Uniper SE führen würden". Für die angestrebte Beteiligung des Bundes braucht Uniper aber auch die Unterstützung des finnischen Mutterkonzerns Fortum. "Das ist der Weg, den wir jetzt gehen wollen", sagte Vorstandschef Klaus-Dieter Maubach in Düsseldorf. Die Kunst sei nun, eine Lösung zu finden, die sowohl für die Bundesregierung als auch für Fortum akzeptabel sei. Eine solche Entscheidung müsse von der Hauptversammlung beschlossen werden. Fortum sei mitentscheidend, da die Finnen rund 80 Prozent der Anteile halten.
Schon seit Tagen ist Uniper, das als größter Gasimporteur in Deutschland gilt, mit der Bundesregierung in Gesprächen über mögliche Staatshilfen. Das gestern vom Bundestag und heute vom Bundesrat gebilligte Gesetzespaket schafft mit dem Gas-Schutzschirm dafür aber klarer definierte Möglichkeiten und erleichtert den Zugang von Energieunternehmen aus dem Bereich der kritischen Infrastruktur zu Hilfen.
Uniper hofft auf Hilfen binnen weniger Wochen
Nun hoffe das Unternehmen, "auf Basis unseres Antrages kurzfristig die nötigen Hilfestellungen zu erhalten", sagte Maubach bei einer Pressekonferenz. Kurzfristig bedeute für ihn binnen weniger Wochen. "Ich glaube, es gibt eine sehr große Bereitschaft der Bundesregierung, mit uns in dieser Frage sehr eng zusammenzuarbeiten", fuhr er fort.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck erklärte, die Regierung arbeite "mit Hochdruck an Stabilisierungsmaßnahmen" und sei mit allen Akteuren im engen Austausch. Über die konkrete Form der Unterstützung werde jetzt verhandelt und dann entschieden. Klar sei aber: "Wir werden nicht zulassen, dass ein systemrelevantes Unternehmen in Insolvenz geht und infolgedessen der globale Energiemarkt in Turbulenzen gerät."
Bezogen auf die Gewährung möglicher Stabilisierungsmaßnahmen sagte Habeck: "Wir werden die Option wählen, die für Deutschland, für die deutschen Verbraucherinnen und Verbraucher, den deutschen Steuerzahler, den deutschen Staat die beste und günstigste und für die Versorgungssicherheit die sicherste ist»."
Zentrale Rolle für Gasversorgung in Deutschland
Uniper spielt eine zentrale Rolle für die deutsche Energieversorgung und beliefert viele Stadtwerke. Das Unternehmen ist der größte ausländische Kunde des russischen Gasriesen Gazprom. Durch die stark gestiegenen Gaspreise und die reduzierten Gas-Lieferungen aus Russland war der Versorger unter starken Druck geraten. Denn der Konzern kann derzeit Mehrkosten beim Einkauf von Gas wegen der Drosselung russischer Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 nicht an die Kunden weitergeben. Daraus entstünden deutliche finanzielle Belastungen, hatte das Unternehmen bekanntgegeben. Uniper gehört zudem zu den größten Stromerzeugern in Deutschland. Der Konzern spielt auch mit seinen Gasspeichern eine wichtige Rolle bei der Absicherung der Versorgung Deutschlands im Winter.
Noch ist unklar, in welcher Höhe sich der Bund an Uniper beteiligen oder bis zu welcher Größenordnung die von der KfW gewährte, bisher aber noch nicht in Anspruch genommene Kreditlinie aufgestockt werden könnte. Bisher liegt sie bei zwei Milliarden Euro. Wie die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf Regierungskreise berichtete, gibt es noch keine Entscheidungen für konkrete Maßnahmen bei Uniper.
Wie das Unternehmen allerdings in seiner Pflichtmitteilung bekanntgab, führt auch der finnische Uniper-Großaktionär Fortum mit der Bundesregierung Gespräche zu den negativen Auswirkungen der aktuellen Gaslieferbeschränkungen auf Uniper. Fortum erklärte seinerseits, mit der Bundesregierung werde eine Reorganisation der Geschäftsbereiche von Uniper erörtert, "um so die systemkritischen deutschen Geschäftstätigkeiten zu bündeln und mit der Bundesregierung abzusichern". Fortum betonte in diesem Zusammenhang: "Als Deutschlands größter Gasimporteur ist Uniper am stärksten von der Drosselung der russischen Gaslieferungen betroffen und steht daher unter extremem finanziellen Druck."
Weitere Unternehmens-Kandidaten für Hilfen
Der Bremer Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) sagte im Bundesrat, es werde darüber diskutiert, für Uniper eine "Neun-Milliarden-Spritze" auf den Weg zu bringen, um das Unternehmen zu stabilisieren. Regierungssprecher Steffen Hebestreit wollte dies aber nicht bestätigen. Die Regierung werde sich äußern, sobald es einen Abschluss der Verhandlungen mit Uniper zur Stützung des Unternehmens gebe. Dabei wies Hebestreit darauf hin, dass es auch Gespräche mit anderen Beteiligten gebe. "Das ist nicht nur allein Uniper."
Einem Bericht des "Handelsblatts" zufolge könnte der Staat auch dem Gashändler VNG aus Leipzig finanziell unter die Arme greifen. Für das Verbundnetz Gas, eine Tochtergesellschaft des Energiekonzerns EnBW, steht eine Summe von bis zu zwei Milliarden Euro im Raum. Das berichtete das "Handelsblatt" unter Berufung auf Finanzkreise. Kombiniert mit einem bereits bei der Förderbank KfW beantragten Kredit würde sich der Gesamtbetrag der etwaigen Hilfen auf drei Milliarden Euro summieren.
Der Kohlekraftwerksbetreiber Leag aus der Lausitz musste bereits im März aufgrund der Turbulenzen am Energiemarkt mit einem KfW-Kredit von 5,5 Milliarden Euro gestützt werden. Auch der Energiekonzern Steag aus Essen, der zu den größten Stromerzeugern Deutschlands zählt, sicherte sich zu Beginn des Jahres eine KfW-Kreditlinie in Höhe von 400 Millionen Euro. Das Unternehmen ist Betreiber mehrerer Großkraftwerke.