Fabrik in Grünheide Tesla verteidigt Hausbesuche bei Krankmeldung
Führungskräfte des Tesla-Werks in Grünheide haben häufig krankgeschriebene Mitarbeiter zuhause aufgesucht. Der Werksleiter verteidigt das Vorgehen - die Gewerkschaft IG Metall spricht von einer "abwegigen Aktion".
Tesla-Mitarbeiter des Werks in Grünheide bei Berlin müssen weiterhin mit unangekündigten Hausbesuchen wegen häufiger Krankschreibungen rechnen. Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur hat Manager André Thierig dieses Vorgehen verteidigt: "Wir wollten an die Arbeitsmoral der Belegschaft appellieren." Hausbesuche seien nichts Ungewöhnliches - "das machen viele Unternehmen".
Mitarbeiter mit hohen Fehlzeiten "nicht ehrenhaft"?
Die IG Metall hat dazu eine gänzlich andere Meinung: Sie kritisiert eine sehr hohe Arbeitsbelastung in der Autofabrik und bezeichnete die Hausbesuche als "nächste abwegige Aktion gegen den seit Langem deutlich überdurchschnittlichen Krankenstand in der Gigafactory".
Zuvor hatte das "Handelsblatt" über die Hausbesuche bei krankgeschriebenen Mitarbeitern berichtet. Die Zeitung bezog sich auf eine ihr vorliegende Tonbandaufnahme von einer Betriebsversammlung in der vergangenen Woche. Demnach beschimpften Werksleiter André Thierig und Personalchef Erik Demmler Mitarbeiter mit hohen Fehlzeiten als "nicht ehrenhaft".
"Alle sechs Wochen neue Krankmeldungen"
Auslöser für die unangekündigten Hausbesuche ist laut Tesla ein überdurchschnittlich hoher Krankenstand in den Sommermonaten gewesen. "Phasenweise hat er 15 Prozent oder mehr erreicht", sagte Thierig. Auf der Betriebsversammlung habe man die Belegschaft über die Hausbesuche informiert und das Vorgehen dargelegt. Es sei auf große Zustimmung der Belegschaft gestoßen, so der Werksleiter. Zuvor habe es bereits das Feedback gegeben, dass Beschäftigte wegen der hohen Abwesenheit ihrer Kolleginnen und Kollegen frustriert seien.
"Wir haben gut 200 Mitarbeiter festgestellt, die sich in der Lohnfortzahlung befinden, aber die in diesem Jahr noch gar nicht arbeiten waren. Sie bringen mindestens alle sechs Wochen neue Krankmeldungen", sagte Thierig. "Wir haben uns zwei Dutzend Fälle herausgesucht." Nicht er selbst, aber der Fertigungs- und der Personalleiter hätten dann unangekündigt Hausbesuche bei den Beschäftigten gemacht. "Ein Großteil wurde nicht angetroffen, teils war sehr aggressives Verhalten zu spüren."
IG Metall macht Werksleitung für Krankenstand verantwortlich
Die Gewerkschaft IG Metall zeigte sich angesichts des außerordentlich hohen Krankenstands bei den Tesla-Mitarbeitern ebenfalls alarmiert - allerdings sieht sie die Schuld dafür weniger bei den einzelnen Mitarbeitern als bei der Werksleitung. Beschäftigte aus fast allen Bereichen des Werks berichteten von "extrem hoher Arbeitsbelastung", sagte Dirk Schulze, Bezirksleiter der IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen.
Wenn Personal fehle, setze Tesla die Kranken unter Druck und überlaste die noch Gesunden mit zusätzlicher Arbeit. "Wenn die Werksleitung den Krankenstand wirklich senken will, sollte sie diesen Teufelskreis durchbrechen", so Schulze.
Werksleiter: Arbeitsbedingungen nicht der Grund
Aus Sicht der Werksleitung bei Tesla liegt der Grund für den Krankenstand nicht bei den Arbeitsbedingungen. "In unseren Analysen zur Anwesenheit sind Phänomene offensichtlich geworden: freitags und in Spätschichten sind circa fünf Prozent mehr Mitarbeiter krankgemeldet als an anderen Wochentagen", sagte Thierig.
"Das ist kein Indikator für schlechte Arbeitsbedingungen, denn die Arbeitsbedingungen sind an allen Arbeitstagen und in allen Schichten gleich. Es suggeriert, dass das deutsche Sozialsystem ein Stück weit ausgenutzt wird." Tesla habe mehr als 1.500 Leiharbeitnehmer, die unter den gleichen Bedingungen arbeiteten. Hier liege der Krankenstand bei zwei Prozent.