Sicherheitstrainings bei TenneT Mit HighTech und Schauspielern Unfällen vorbeugen
Auf Baustellen von TenneT gab es bereits schwere Unfälle. In zwei neuen Schulungscentern will der Übertragungsnetzbauer seine Mitarbeiter nun intensiv auf die Arbeit auf Großbaustellen vorbereiten.
Sicherheit ist ein großes Thema auf Baustellen und ein noch größeres Thema auf großen Baustellen. Anlagenbauer TenneT geht für die beiden Großprojekte Südlink und Südostlink neue Wege in Sachen Sicherheit.
Jeder Beschäftigte der künftig etwa 10.000 eingesetzten Personen - vom Bauleiter bis zum einfachen Arbeiter - soll ein Sicherheitstraining in einem TenneT-Trainingscenter durchlaufen haben. Davon gibt es eines in Hamburg und eines in Nürnberg. Vor kurzem haben die Trainings begonnen.
Projektionstechnik und Schauspieler
In Nürnberg versammeln sich gut 20 Menschen in einem besonderen Raum - "das Iglu" nennen es die Betreiber. Denn eigentlich sind die Flächen rundum weiß. Doch sie können von mehreren Projektoren mit Filmsequenzen bespielt werden. Wie in einem modernen TV-Studio. Und schon stehen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mitten auf einer Großbaustelle. Ein Sattelschlepper ist voll beladen mit dicken, schwarzen Erdkabeln für die neue Gleichstromleitung.
Plötzlich Hektik, es wird laut. Plötzlich stehen zwei der Bauarbeiter mitten im Raum, streiten über die Arbeit. "Hör mir doch mal zu!". "Hey, hier wird nicht rumgeschrien - wenn dann schrei ich, geh an deine Arbeit!", schimpft der Bauleiter, der in Wirklichkeit ein Schauspieler ist. Doch das realisieren die Teilnehmenden kaum. Das Szenario wirkt überraschend echt.
Gefahren erkennen und Konfliktquellen aufdecken
Thema sind gefährliche Situationen - die nicht selten Unfälle mit schlimmen Auswirkungen zur Folge haben. Mit dem speziellen Sicherheitstraining will TenneT einen neuen Weg gehen.
Alle Beschäftigten, die demnächst die beiden großen Stromtrassen Südlink und Südostlink bauen, sollen zuvor hier einen Trainingstag absolvieren, erklärt Sicherheitsmanager Bernd Albrecht. "Jeder Tote ist einer zu viel, und deswegen glauben wir, dass sich diese Investition auf jeden Fall rechnet. Wir sind der Meinung, dafür kann man immer Geld ausgeben, wenn es sicher ist und die Leute heil und gesund nach Hause kommen."
Zentren auf Zeit aufgebaut
Wie viel Geld die Firma genau in das Training investiert, möchte TenneT nicht sagen. Die ersten Kurse finden gerade statt, die nächsten Monate sollen alle Beschäftigten geschult werden, egal ob direkt von TenneT oder beauftragten Subunternehmen.
Florian Düring soll für seine Firma, das Bauunternehmen Beuerlein, demnächst auf der Großbaustelle im Einsatz sein. Für ihn war es schon überraschend, "wie da Leute reingekommen sind und so mitgespielt haben zu dem Film. Da bleibt definitiv mehr hängen, als wenn du mit 180 Mann in einer Halle sitzt und vorne jemand was erzählt, dazu noch Hunderte Flipcharts. " Das kenne er von anderen Sicherheitsunterweisungen.
Ziel: Größere Aufmerksamkeit bei den Teilnehmenden
"Das nimmt einen auf eine ganz andere Art und Weise mit als eine übliche Online-Schulung", ergänzt Felix Schüller. Er ist Technischer Planer bei TenneT und ebenfalls in der Schulung dabei. Besonders bewegend sei es geworden, als es um einen konkreten Todesfall ging.
Florian Raspel, Projektleiter in der Firma Bögl, gefiel die Schulung ebenfalls, "weil man aktiv mit eingebunden wird, und nicht nur dasitzt". Das gehört durchaus zum Konzept. Die Szenarien werden von den Schauspielern nicht einfach durchgespielt, sie gehen immer wieder auf die Zuschauenden zu, fragen nach Tipps und bitten um Hilfe, die Situation aufzulösen. Nach Feedback-Runden mit den Trainern werden zum Teil die Szenen erneut durchgespielt, um eventuell die Ereignisse neu zu beeinflussen.
Demonstrationen kein Schulungsthema
Die neuen Stromtrassen sind vor Ort durchaus umstritten. An den Baustellen könnten auch Demonstrationen oder gar Blockaden stattfinden. Doch das ist im Trainingszentrum bisher kein Thema, das regelt TenneT anders, so Bernd Albrecht, Manager für Arbeitssicherheit für diese Projekte.
"Dafür haben wir unsere Kommunikationsabteilung, unsere Anwohner-Manager, die mit der Bevölkerung in Kontakt treten, und dort versuchen, die Konflikte dann zu lösen." Aber solche Szenarien seien theoretisch auch in diesem Umfeld möglich.
Besonderes Unfallrisiko auf Baustellen - Todesfälle verhindern
In den neuen Trainingszentren wie in Nürnberg versuchen sie, verschiedene Handlungsmöglichkeiten durchzuspielen und den Teilnehmenden Argumente und Strategien zu vermitteln, um sich auch gegen Vorgesetzte zu behaupten, wenn die Sicherheit und am Ende Leib und Leben in Gefahr sind.
In den vergangenen Jahren gab es schwere Unfälle auf TenneT-Baustellen, auch mit Toten. Das neue Training ist Teil einer neuen sogenannten Zero Harm Strategie - also "null Schaden" - und soll helfen, dies künftig zu verhindern.