Siemens Energy in der Krise Milliardenkosten wegen ausgefallener Windräder
Für Siemens Energy entwickelt sich die Windturbinen-Tochter Siemens Gamesa zum Fass ohne Boden. Wegen zahlreicher Probleme strich der Energiekonzern seine Prognose und rechnet mit zusätzlichen Kosten in Milliardenhöhe.
Die Probleme bei der Windturbinen-Tochter Siemens Gamesa sind schwerwiegender als gedacht. Auch der Mutterkonzern Siemens Energy leidet unter der kriselnden Tochter: "Der Rückschlag ist heftiger, als ich es für möglich gehalten hätte", sagte Siemens-Energy-Chef Christian Bruch in einem Analysten-Call. Es sei zu viel unter den Teppich gekehrt worden.
So habe man bei technischen Überprüfungen an einigen Komponenten der Windturbinen von Siemens Gamesa "deutlich erhöhte" Ausfallraten festgestellt, räumte Siemens Energy bereits gestern ein. Bislang liegt zu den Ergebnissen der Überprüfung lediglich ein Zwischenbericht über die Funktionsfähigkeit der Windturbinen vor.
Darin wird allerdings bereits deutlich: Um die Funktionsfähigkeit zu gewährleisten, müssten viele Turbinen ersetzt oder repariert werden. Laut dem Unternehmen dürfte die Instandsetzung über eine Milliarde Euro kosten. Im Januar hatte Gamesa bereits eine knappe halbe Milliarde Euro für Garantie- und Wartungskosten zurückgestellt, weil Teile an den Windrädern gehäuft ausfielen.
Auch die erhofften Verbesserungen bei der Produktivität von Siemens Gamesa blieben hinter den Erwartungen zurück. Holprig läuft es auch im Geschäft mit Windrädern auf hoher See: "Darüber hinaus sehen wir weiterhin Schwierigkeiten beim Hochlauf der Fertigungskapazitäten im Offshore-Bereich", erklärte Siemens Energy.
Ergebnisprognose kassiert
Darunter leidet nun nicht zum ersten Mal auch der Mutterkonzern, der als Konsequenz aus den Problemen bei Siemens Gamesa nun seine Ergebnisprognose für das laufende Jahr kassiert hat. Dabei hatte der Münchner Konzern für 2022/23 (Ende September) schon bisher mit einem auf mehr als 800 Millionen Euro steigenden Nettoverlust gerechnet. Bereits mehrfach hat Siemens Gamesa den Münchnern inzwischen schon die Planungen verhagelt. Um nicht erneut eine Prognose zurückziehen zu müssen, wollte Siemens Energy nun noch keine neue Prognose abgeben.
Die Umsatzprognose für den Konzern sowie sämtliche Annahmen für Gas Services, Grid Technologies und Transformation of Industry halte das Unternehmen hingegen aufrecht. Beim Konzernumsatz geht das Unternehmen von einem vergleichbaren Umsatzwachstum von zehn bis zwölf Prozent aus.
An den Börsen reagierten Anlegerinnen und Anleger geschockt. Die im Leitindex DAX notierte Siemens-Energy-Aktie brach im Späthandel zunächst um 11,4 Prozent auf 20,35 Euro ein. Nach Börsenstart verlor die Aktie weiter um mehr als 30 Prozent und lag am Vormittag nur noch bei 16,02 Euro. Dabei hatten die Papiere laufenden Jahr zu den großen Gewinnern gehört: Vom Rekordtief im Oktober 2022 bei 10,25 Euro waren sie um mehr als 130 Prozent gestiegen.
Windkraftsparte macht seit Jahren Probleme
Bei Siemens Energy stellt man sich bereits seit längerem Grundsatzfragen, wie es mit dem Sorgenkind aus Spanien weitergeht. Man überprüfe "die wesentlichen Annahmen, die den Geschäftsplänen zugrunde liegen", hieß es gestern. Manche Experten stellen bereits in Frage, ob Siemens Gamesa überhaupt sanierungsfähig ist. Bruch aber setzt auf die Windkraft und auf die Sanierung von Siemens Gamesa: "Der Erfolg des Windgeschäfts bleibt die Grundvoraussetzung dafür, dass wir ein profitabler Marktführer im Bereich der Energiewende werden", so der Geschäftsführer von Siemens Energy.
Siemens Gamesa, einer der weltgrößten Hersteller von Windrädern, hält den Konzern seit Jahren in Atem. Denn es misslang die Integration der Siemens Windkraftsparte und dem Konkurrenten Gamesa, aus dessen Fusion Siemens Gamesa entstanden war. Auch mehrere Wechsel an der Vorstandsspitze von Siemens Gamesa haben bislang keinen Erfolg gezeigt, wiederholt machten die Spanier Siemens Energy einen Strich durch die Ergebnis-Rechnung. Schließlich sollte der aus München entsandte Sanierer Jochen Eickholt bei Gamesa aufräumen und das spanische Unternehmen stabilisieren. Doch auch ihm bläst der Wind ins Gesicht.