Globale Schifffahrt CO2-neutral bis 2050 - gelingt das?
Die internationale Schifffahrt will bis 2050 klimaneutral werden. Dafür braucht es alternative Antriebsstoffe und politische Initiativen. Welche Möglichkeiten hat die Branche?
Schiffe übernehmen 90 Prozent des weltweiten Warenhandels. Das verursacht etwa eine Milliarde Tonnen CO2 jährlich, also rund 2,5 Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen. Wäre die internationale Schifffahrt ein Land, würde sie im Ranking der größten CO2-Emittenten auf Platz sechs stehen.
Der Schiffsverkehr verläuft über Staatsgrenzen hinweg und ist im Pariser Klimaabkommen nicht berücksichtigt. Darum soll die UN-Organisation für die weltweite Schifffahrt (IMO), in der 174 Staaten mitreden, eigentlich gesonderte Regelungen festlegen - die Verhandlungen im Juni über einen CO2-Preis für den Schiffsverkehr blieben allerdings ergebnislos.
Klimaneutral bis 2050
Nun aber gibt es einen Vorstoß der Reedereien: Der Weltreederverband ICS hat bei der IMO auf Initiative der deutschen Reeder einen Vorschlag eingereicht, dessen Ziel die Klimaneutralität der Branche bis 2050 ist. "Klimaschutz erlaubt keinen Aufschub mehr, das belegt auch der jüngste Bericht des internationalen Klimarates IPCC", sagte Präsident des Verbandes Deutscher Reeder (VDR), Alfred Hartmann. "Wir hoffen, alle Teilnehmer der maritimen Transportkette, aber insbesondere auch die Staaten, werden uns bei dieser großen Aufgabe umfassend unterstützen."
Das Ziel ist ehrgeizig, bedürfte es doch grundlegender Veränderungen in der Schifffahrt, um es zu erreichen. Denn noch immer fährt der Großteil der Hochsee-, Küsten- und Binnenschiffe mit Schweröl und Diesel. "Technisch ist es aber durchaus realistisch, dass der Schiffsverkehr bis 2050 klimaneutral wird", erklärt Martin Cames, Leiter des Bereiches Energie und Klimaschutz am Berliner Öko-Institut. Notwendig für eine tatsächliche Realisierung der Pläne wäre seiner Meinung nach aber eine politische Koalition der Willigen: "In der IMO werden diese Pläne schwer zu realisieren sein, weil dort einfach zu viele Parteien mit unterschiedlichsten Interessen vertreten sind."
Elektromotoren für kurze Distanzen
Möglichkeiten für saubere Antriebe im Schiffsverkehr gibt es einige, ein dominanter sauberer Antrieb hat sich bisher nicht etabliert. Darum legt der Klimaplan der EU - "Fit for 55" - sich für die Schifffahrt auch nicht auf eine Technologie fest, wodurch derzeit die Forschung technologieoffen in viele Richtungen stattfindet, berichtet Martin Cames.
Elektromotoren, wie sie beispielsweise für Autos genutzt werden, sind für Containerschiffe zwar keine Option: Mit Batteriekraft können die Ozeanriesen die Entfernungen, die sie zurücklegen müssen, nicht bewältigen. "Allerdings erleben wir bereits, dass beispielsweise Fähren, die nur einige Stunden und kurze Distanzen unterwegs sind, mit Elektromotoren oder Wasserstoff fahren und dadurch klimaneutral sind", so der Experte vom Öko-Institut.
Reederei Maersk investiert in "grünes" Methanol
Reedereien von Containerschiffen setzen dagegen verstärkt auf alternative Antriebe: "Grundsätzlich gilt: Nicht der Motor ist das Problem, sondern der Brennstoff", betonte VDR-Präsident Hartmann. Mögliche Treibstoffe, die dabei ins Blickfeld geraten, sind etwa Ammoniak oder Methanol.
Derzeit einsetzbar ist nur der Methanolantrieb, da hierfür auch die nötigen Motoren existieren: "Es gibt bereits heute Schiffe, die auf Methanolbasis fahren. Allerdings ist das noch fossiles Methanol, welches vorwiegend aus Erdgas gewonnen wird", erklärt Cames. Doch es gibt erste Vorstöße zur Nutzung von Methanol auf Basis erneuerbarer Energien: Die dänische Reederei Maersk hat acht große Schiffe bestellt, die mit "grünem" Methanol fahren sollen, der mit Erneuerbaren Energien hergestellt wird. Einsatzbereit sollen die Containerschiffe ab 2024 sein.
Auch Ammoniak ist eine Alternative
Beim alternativen Antrieb Ammoniak, einem stechend riechenden und giftigen Gas, sind das größte Problem derzeit die Motoren, erklärt der Experte: "Die Motoren, die dann mit einem Ammoniak-Treibstoff betrieben werden sollen, befinden sich alle noch in der Laborphase." Bis die Technologien praktisch nutzbar seien, werde es vermutlich noch einige Jahre dauern. Außerdem kann beim unvollständigen Verbrennen von Ammoniak Lachgas entstehen, ein Treibhausgas, das 265 Mal so stark zum Treibhauseffekt beiträgt wie Kohlendioxid.
Vorteile von Ammoniak dagegen sind die deutlich geringen Kosten und die Tatsache, dass Ammoniak bereits heute in großen Mengen hergestellt wird, da es ein wichtiger Grundstoff für Düngemittel ist.