Ein Arbeiter kontrolliert ein Getriebezahnrad
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Auftragseinbruch im Maschinenbau Freitags bleibt die Werkshalle zu

Stand: 08.11.2023 08:53 Uhr

Die deutsche Wirtschaft schwächelt und schrumpfte zuletzt sogar leicht. Das spüren auch Maschinenbauer wie der Getriebehersteller Neugart aus Baden-Württemberg, der seine Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken musste. Aber es gibt einen Lichtblick.

Von Paul Jens, SWR

In der Produktionshalle von Werk 2 brummt und summt es aus allen Richtungen. Roboterarme platzieren Metallteile auf einer Platte, ein zweiter Roboter bohrt ein Loch, und der dritte kühlt das Bohrloch währenddessen mit Wasser. Alles beobachtet von Mitarbeitern, die im Anschluss die Arbeit der Roboter kontrollieren und ausmessen. Auf den ersten Blick scheint beim Getriebebauer Neugart in Baden-Württemberg alles seinen gewohnten Gang zu gehen. Aber nur an den ersten vier Tagen in der Woche.

Freitags steht alles still

"Freitags ist die Halle zu. Dann ist hier alles dunkel und keine Seele hier", sagt Geschäftsführer Matthias Herr. 450 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus der Produktion sind seit Juli freitags in Kurzarbeit. Seit Anfang November müssen auch die 230 Angestellten aus dem kaufmännischen Bereich freitags zu Hause bleiben. Der Firma fehlen die Aufträge.

"Nach der Coronazeit ging es erst wieder rapide bergauf", sagt Herr. Die Firma habe sich einen ordentlichen Auftragsbestand aufgebaut. Doch dann kam der Einbruch: "Seit Ende drittes Quartal, viertes Quartal 2022 sind wir wieder in der Situation, dass wir rückläufige Auftragsbestände sehen." Damit ist die Firma Neugart nicht allein. 122.000 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen waren nach Zahlen der Arbeitsagentur im August 2023 deutschlandweit in Kurzarbeit - im Vorjahresmonat waren es noch 76.000.

Made in Germany gefährdet?

Keine einfache Situation für die Angestellten der Firma Neugart. Zwar bekommen sie 60 bis 67 Prozent des Lohnausfalls vom Arbeitsamt weitergezahlt. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wie Nicole Vögel treibt aber vor allem die Unsicherheit um, weil bisher kein Ende der Kurzarbeit absehbar sei: "Im Moment ist es sehr schwierig, wahrscheinlich für ganz viele. Auch weil die Inflation so hoch ist, alles ist teurer geworden. Man muss viele Abstriche machen."

Auch für Geschäftsführer Herr ist es eine Herausforderung, denn er muss seine Angestellten trotz unsicherem Ausblick bei Laune halten. Denn in Zeiten von Fachkräftemangel will er auch niemanden verlieren. Zwar sind schon viele Schritte automatisiert, doch ohne die Belegschaft geht es nicht in der Produktion.

Ewig kann die Firma die Kurzarbeit nicht durchhalten. Matthias Herr wünscht sich Entlastung durch die Politik auch auf einem anderen Weg. "Ein nicht unerheblicher Faktor ist die starke Regulierung von Seiten der Bundesregierung", sagt er. Er sieht sogar die Marke Made in Germany gefährdet. "Ich glaube, dass dadurch nachhaltig der Wirtschaftsstandort Deutschland geschwächt wird und wir im internationalen Wettbewerbsvergleich sukzessive abgehängt werden."

2024 soll alles wieder besser werden

Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) macht vor allem weltweite Krisen für die schwächelnde Nachfrage verantwortlich: "Die Folgen von hoher Inflation und Verunsicherung durch Kriege und andere geopolitische Verwerfungen zeigen sich mehr oder weniger deutlich in allen Märkten", stellt der VDMA fest und berichtet für den September von einem Minus im Auftragseingang von 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat.

Trotz der schwachen Wirtschaft investiert die Firma Neugart an der deutsch-französischen Grenze in eine neue Produktionshalle und möchte nach der Phase der Kurzarbeit auch noch mehr Menschen einstellen. Denn die Geschäftsführung sieht das Ende der Durststrecke gekommen. Für 2024 rechnen sie wieder mit mehr Aufträgen und einem Ende der Kurzarbeit.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 07. November 2023 um 07:35 Uhr.