Wegen Verstößen gegen fairen Wettbewerb EU droht Google mit Aufspaltung
Im Kartellstreit mit Google droht die EU mit ihrer bislang härtesten Sanktion. Die Kommission hat heute zum ersten Mal signalisiert, dass sie den Tech-Giganten zum Verkauf eines Teils seines Geschäfts verpflichten könnte.
Wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens muss der Internetkonzern Google möglicherweise einen Teil seines Geschäfts mit Online-Werbung auf Anordnung der Europäischen Union verkaufen. Eine Selbstverpflichtung reiche voraussichtlich nicht aus, um die bisherige Praxis zu beenden, sagte die für einen fairen Wettbewerb zuständige EU-Kommissarin Margarethe Vestager. "Natürlich weiß ich, dass dies eine starke Behauptung ist, aber sie spiegelt die Natur der Märkte und ihre Funktionsweise wider."
Eigene Technologie bevorzugt
Die Europäische Kommission sei nach einer Untersuchung zu dem vorläufigen Schluss gekommen, dass nur die obligatorische Veräußerung eines Teils der Google-Dienste die Bedenken mit Blick auf den Wettbewerb ausräumen könne, teilte die Behörde heute mit. In dem Verfahren geht es zentral um die Frage, ob Google sich bei Anzeigendiensten gegenüber Rivalen einen Vorteil verschafft und dadurch den Wettbewerb verzerrt hat.
Bei zweijährigen Ermittlungen hatten die EU-Aufseher festgestellt, dass die Alphabet-Tochter den Konkurrenzkampf behindere, indem sie ihre eigene Technologie für Online-Werbung bevorzuge. Google praktiziere dies schon seit 2014.
"Das Unternehmen sammelt Nutzerdaten, verkauft Werbeflächen und fungiert als Vermittler von Online-Werbung", so Vestager. Google sei also auf fast allen Ebenen dieser Branche vertreten. "Wir befürchten, dass Google seine Marktstellung genutzt haben könnte, um seine eigenen Vermittlungsdienste zu begünstigen", sagte die Politikerin.
Dreistellige Milliardenerlöse durch Anzeigen
Es ist das erste Mal, dass die EU einem Tech-Giganten auferlegt, Teile seines Geschäfts aufzuspalten. Google kann nun seine Argumente darlegen, bevor die Kommission ihre endgültige Entscheidung trifft. Das Unternehmen reagierte nicht sofort auf eine Bitte um Stellungnahme.
Unter anderem dank seiner starken Position als Suchmaschinen-Betreiber kann der US-Konzern weltweit 28 Prozent aller Einnahmen durch Internet-Anzeigen für sich verbuchen. Im vergangenen Jahr summierten sich diese Erlöse auf 224,5 Milliarden Dollar.
Die EU hat sich an die Spitze einer weltweiten Bewegung gesetzt, die ein hartes Durchgreifen gegen Großkonzerne der Technologiebranche befürwortet. Allerdings haben sich die europäischen Wettbewerbsbehörden bisher auf die Verhängung drastischer Geldstrafen beschränkt, darunter drei Kartellstrafen gegen Google in Höhe von mehreren Milliarden Euro.