GDL-Chef zieht Halbzeitbilanz "Die Stimmung ist exzellent"
Während die Kritik am GDL-Streik zunimmt und der Ruf nach Änderung des Streikrechts laut wird, zeigt sich Gewerkschaftschef Weselsky unbeirrt: Wenn die Bahn sich nicht bewege, werde weiter gestreikt - und länger als momentan.
Der Streik der Lokführergewerkschaft GDL soll noch bis Montagabend dauern. Und während die Kritik an dem Ausstand wächst, zieht GDL-Chef Claus Weselsky eine positive Zwischenbilanz: "Ich erlebe Disziplin auf breiter Front. Die Stimmung ist exzellent", sagte er der "Rheinischen Post" mit Blick auf die Streikenden. "Viel mehr Kunden haben Verständnis für den Streik als mancher behauptet."
An ihren Forderungen will die Gewerkschaft festhalten. Ziel bleibe eine 35-Stunden-Woche ab 2028, erklärte Weselsky. "Wir werden diesen Streik erfolgreich zu Ende bringen, und dann schauen wir, was passiert." Wenn es auf Seiten der Bahn-Spitze keine Bewegung gebe, "werden wir wieder streiken". Dieser Ausstand könne dann noch länger dauern.
"Das sind Grundrechte"
Bei einer Kundgebung der GDL in Dresden sagte Weselsky, die Eisenbahnerinnen und Eisenbahner hätten in der Tarifrunde "berechtigte Forderungen", für die die Gewerkschaft weiter kämpfen werde. Er kritisierte, dass sich der Arbeitgeber nur "millimeterweise bewegt" und nur über bestimmte Dinge verhandeln wolle wie den Tarifvertrag für Fahrdienstleiter. "Das sind Grundrechte, da gehe ich weder in die Schlichtung noch an den Verhandlungstisch."
Hauptstreitpunkt in den festgefahrenen Tarifgesprächen ist die GDL-Forderung nach einer schrittweisen Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtbedienstete bei vollem Lohnausgleich. Die Bahn hatte kürzlich ein Wahlmodell angeboten. Damit könnten Lokführerinnen und Lokführer auf 37 Wochenstunden heruntergehen, müssten im Gegenzug aber auf eine zusätzliche angebotene Gehaltserhöhung verzichten. Weselsky bezeichnete dieses Angebot als "Unverschämtheit".
Forderungen nach Änderung des Streikrechts
Angesichts der langen Dauer und umfangreichen Folgen des Lokführerstreiks forderte Arbeitgeberpräsident Steffen Kampeter "Spielregeln für faire, nicht das ganze Land in Geiselhaft nehmende Arbeitskämpfe". Er habe den Eindruck, dass Streik nicht mehr das letzte Mittel im Arbeitskonflikt sei, sondern das "erste Mittel", sagte er im Deutschlandfunk. Der Gesetzgeber müsse sich darüber Gedanken machen, "ob er die Verhältnismäßigkeit gesetzlich definiert, ob er Schlichtungsverpflichtungen kodifiziert, ob er Regeln macht, die insbesondere Warnstreiks umfassen".
Auch der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Reinhard Houben, schlug "neue gesetzliche Regelungen zum Schlichtungsrecht" vor, die dann greifen sollten, wenn Tarifvertragsparteien sich nicht auf entsprechende Verfahren einigen könnten. Warnstreiks dürften nur eine "zeitliche, räumliche und von den Folgen begrenzte Ausnahmeentscheidung" sein. Eine Friedenspflicht müsse gesetzlich verankert werden.
CSU-Chef Markus Söder sagte, er habe kein Verständnis für die GDL-Streiks. Der Ausstand der Lokführer unterscheide sich grundsätzlich von den Protesten der Bauern. "Die Demonstration der Landwirtschaft verstehen wir, weil man etwas wegnimmt." Bei den Lokführern gehe es aber nicht darum, dass ihnen etwas weggenommen werde, sondern "um weniger arbeiten". Das Modell, weniger arbeiten zu wollen, könne nicht erfolgreich sein für Deutschland, so Söder. Vielmehr müsse die Politik Anreize für Mehrarbeit setzen.
Unterstützung von ver.di
Weselsky kritisierte derlei Forderungen scharf: Es sei "unverfroren", die Rechte der Arbeitnehmer beschneiden zu wollen, nur weil sie für bessere Arbeitszeiten und ein höheres Einkommen kämpften. Unterstützung kam von der Gewerkschaft ver,di. Würde das Grundrecht eingeschränkt, würden Tarifverhandlungen für die Gewerkschaften "zur kollektiven Bettelei am Verhandlungstisch", sagte verdi-Chef Frank Werneke dem "Handelsblatt".
Die Bahn hatte am Donnerstag erklärt, dass der für die Streikzeit erstellte Notfahrplan "stabil" laufe. Trotzdem fiel ein Großteil der Züge im Personenverkehr aus.