Corona-Schutz im Betrieb Dürfen Chefs noch Masken verlangen?
In dieser Woche ist die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung ausgelaufen. Die bisherige Grundlage für Abstandsvorgaben und Maskenpflicht am Arbeitsplatz entfällt. Was dürfen Betriebe nun im Kampf gegen Corona noch vorschreiben?
Das Arbeitsschutzgesetz schreibt den Arbeitgebern in Deutschland vor, Maßnahmen zum Schutz seiner Angestellten zu treffen. Dazu gehört auch die Umsetzung der Vorgaben der SARS-CoV-2 Arbeitsschutzverordnung, die im Zuge der Corona-Pandemie eigens erlassen wurde. Diese Verordnung wurde bereits in der Vergangenheit mehrmals geändert. Da die aktuelle Fassung in dieser Woche ausgelaufen ist, entfällt nun diese spezielle Grundlage für Abstandsvorgaben und Maskenpflicht am Arbeitsplatz.
Arbeitgeber selbst in der Pflicht
Die Arbeitgeber haben prinzipiell dennoch weiter die Möglichkeit, solche Regeln einzuführen, wenn sie sie für den Schutz ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für notwendig halten. Dazu zählt als eine Möglichkeit auch eine Maskenpflicht.
Die Arbeitgeber sind nun wieder vollständig selbst in der Pflicht, eine Gefährdungsbeurteilung für ihren Betrieb vorzunehmen und zu prüfen, welche Maßnahmen zum Schutz ihrer Mitarbeiter erforderlich sind. Das kann branchenspezifisch ganz unterschiedlich sein und reicht von üblichen Schutzmaßnahmen, die auch ohne Corona galten - beispielsweise Handschuhe als Schutz in Produktionshallen zu tragen - bis zur speziell benötigten Uniform am Arbeitsplatz.
Letztlich muss der Arbeitgeber wie bisher eigenständig dafür Sorge tragen, dass seine Mitarbeiter nicht unter gesundheitsschädigenden Umständen arbeiten. Dazu gehört auch, dafür zu sorgen, dass in speziellen Situationen Schutz vor Ansteckung mit Corona besteht. Aber es ist nicht festgelegt, was genau Betriebe dafür tun müssen und wie streng das gehandhabt werden muss.
Vereinzelte Verlängerung durch die Hintertür
Einige Bundesländer wie Hamburg und Niedersachen haben allerdings von der Ausnahmemöglichkeit im Infektionsschutzgesetz Gebrauch gemacht und nochmals eigene Regeln für bestimmte Branchen erlassen. Diese eigenen Verordnungen gelten dann jeweils nur in dem Bundesland, das diese beschlossen hat. In Hamburg gilt beispielsweise in Pflegeeinrichtungen weiter eine Maskenpflicht für Besucher und Beschäftigte.
Schutzmaßnahmen müssen verhältnismäßig sein
Wenn Unternehmen Anordnungen oder Hygienemaßnahmen treffen, die über das Gesetz hinausgingen, müssten sie dabei immer das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers beachten, so der Hamburger Arbeitsrechtsexperte Professor Michael Fuhlrott.
Das sogenannte Direktionsrecht ermögliche es den Arbeitgebern zwar, weitreichendere Schutzmaßnahmen als das Gesetz anzuordnen, allerdings müssten diese verhältnismäßig sein. Dabei spiele auch das betriebliche Umfeld eine Rolle. Im Krankenhaus etwa dürfe man natürlich weitergehende Maßnahmen erlassen als etwa in einem Büro, wo es keinen intensiven Kontakt mit vulnerablen Gruppen gebe.
Im Streitfall müssten Gerichte entscheiden
Die Frage, was wo verhältnismäßig ist, birgt viel Potenzial für Streit. Letztlich müssten dann Gerichte entscheiden. Masken und Testpflicht am Arbeitsplatz bedürfen somit in Zukunft einer gründlichen Abwägung. Das gilt auch für die Sanktionen, die Arbeitgeber gegen jene Arbeitnehmer verhängen, die sich weigern, Regeln zum Schutz vor einer Corona-Infektion einzuhalten. So könnte der betreffenden Person ein anderer Arbeitsplatz zugewiesen werden oder sie ins Homeoffice geschickt werden.
Wenn Arbeitgeber strengere Strafen wie Lohnkürzungen oder Kündigungen durchsetzen wollen, ist das in vielen Fällen problematisch. Bereits in der Vergangenheit hatte es viele Streitigkeiten in Bezug auf die Maskenpflicht am Arbeitsplatz gegeben. Doch jetzt haben die Arbeitnehmer eine erfolgversprechendere Position, etwa bei einer Kündigung.
Mögliche Folgen im Streit um eine Kündigung
Wenn es zum Streit kommt und der Arbeitgeber kündigt, hat der Arbeitnehmer das Recht, dagegen vorzugehen. "Die arbeitgeberseitige Kündigung gilt solange als wirksam, bis ein Arbeitsgericht etwas anderes feststellt. Das heißt, dass der Arbeitnehmer während des Rechtsstreits zu Hause sitzt", erläutert Fuhlrott. "Wenn die rechtskräftige Entscheidung zu seinen Gunsten ausgeht, die Weisung und die Kündigung also unrechtmäßig waren, wird der Arbeitnehmer in den Betrieb zurückkehren. In diesem Fall müsste der Arbeitgeber grundsätzlich dessen Lohn für die letzten zwei Jahre nachzahlen."
Darunter versteht man einen sogenannten Annahmeverzug: Der Arbeitnehmer war in diesem Fall zwar willig und fähig zu arbeiten. Der Arbeitgeber hat ihn allerdings nicht arbeiten lassen, und deshalb war er im Annahmeverzug. "Sollte das Gericht aber feststellen, dass die Anordnung rechtmäßig war, wird die Kündigung regelmäßig wirksam gewesen sein. Das Arbeitsverhältnis hätte dann geendet", so der Arbeitsrechtler. In Zukunft bedürfen die Maßnahmen zum Testen oder zum Tragen von Schutzmasken also einer guten Begründung - nach einer sorgfältigen Abwägung.