Nach der Revolution in Tunesien Die allmähliche Rückkehr der Touristen
Die deutschen Tourismusveranstalter haben damit begonnen, wieder Urlauber auf die tunesische Insel Djerba zu bringen. Gleichzeitig fliegen Tausende Flüchtlinge aus Libyen von Djerba aus zurück in ihre Heimat. Kommt unter diesen Umständen Ferienstimmung auf?
Marc Dugge, ARD-Hörfunkstudio Rabat, zurzeit Tunesien
Der Flughafen von Djerba ist voll. Hunderte Flüchtlinge aus Libyen warten darauf, endlich Tunesien verlassen zu können. Und das, während ein paar Meter weiter Deutsche in die Touristenbusse steigen. Die sind gerade aus Hamburg angekommen, und sie sind in Ferienstimmung: "Wir haben im Oktober den Frühbucherrabatt in Anspruch genommen. Da war ja noch gar nicht abzusehen, was passieren würde. Dann haben wir beobachtet, haben das Auswärtige Amt befragt - und nachdem keine Bedenken geäußert wurden, sind wir gekommen." Sie gehen nach eigenem Bekunden "optimistisch an die Sache ran. Und hoffen, dass man jetzt besonders nett zu uns ist. Ich fände das schade, wenn man die Tunesier jetzt nicht unterstützt."
Flüchtlingswelle schadet zusätzlich
Unterstützung können die Hoteliers gut brauchen, denn die vergangenen Monate waren hart. Wegen der Unruhen und Reisewarnungen haben viele Urlauber storniert; die meisten Reiseveranstalter hatten über Wochen alle Flüge nach Djerba ausgesetzt. Dabei sei es auf der Insel die ganze Zeit über friedlich geblieben, sagt Martina Knis vom Radisson Hotel. Derzeit haben sich bei ihr gerade mal zehn deutsche Touristen eingemietet.
Knis beklagt, dass das neue Jahr mit einem dicken Minus angefangen hat: "Wir haben in den ersten vier Wochen knapp 200.000 Euro verloren." Durch die kostenlosen Umbuchungsangebote der Veranstalter seien weitere Urlauber abgesprungen - "und dann kam die Flüchtlingsgeschichte obendrauf".
Hotels auf Sparflamme
Immerhin sorgt das Flüchtlingsdrama aber dafür, dass in ihrem Hotel wenigstens einige Zimmer belegt sind. Nicht von Flüchtlingen, sondern von Diplomaten und Hilfskräften. In den anderen Häusern zeigt sich ein ähnliches Bild. Von 130 Hotels auf Djerba ist derzeit nur ungefähr ein Viertel offen: Sie arbeiten auf Sparflamme, viele Mitarbeiter wurden in die Kurzarbeit geschickt. Die anderen Hotels haben geschlossen: Entweder wegen ohnehin geplanter Renovierungsarbeiten - oder weil sie schlicht nicht genug Gäste haben.
"Zähne zusammenbeißen"
Der Direktor des Hotels Sidi Mansour und Vize-Generalsekretär des regionalen Hotelier-Verbandes Skander Benali-Kacem zeichnet dieses Bild von der Lage: "Wir versuchen im März noch, all unsere Mitarbeiter zu halten. Wir bitten sie, auch noch andere Nebenjobs anzunehmen - etwa Putzen zu gehen. Wir hoffen, dass bis Ostern die Geschäfte wieder angelaufen sind." Es sei wichtig, fährt er fort, "dass wir im März noch mal die Zähne zusammenbeißen und unsere Mitarbeiter halten. Die säßen sonst auf der Straße. Das wäre weder für die Revolution, noch für dieses Land gut."
Doch an der Touristenflaute leiden nicht nur die Hotels. Die Orte der Insel wirken wie ausgestorben. Die Cafés sind fast leer, die Souvenirläden ebenso. Fast alle hier auf Djerba leben vom Tourismus, direkt oder indirekt. Die Revolution ist geschafft - nun muss auch die tunesische Wirtschaft wieder in Gang kommen. Und dafür werden auch deutsche Urlauber dringend gebraucht.