Kehrtwende der Zentralbank Türkei verdoppelt Leitzins nahezu auf 15 Prozent
Die türkische Zentralbank hat im Kampf gegen die hohe Inflation ihre Leitzinsen nahezu verdoppelt. Die Entscheidung ist eine Kehrtwende der bisherigen Geldpolitik - und dürfte mit der neuen Notenbankchefin zusammenhängen.
Die türkische Zentralbank vollzieht unter neuer Führung wegen der hartnäckig hohen Inflation und Währungsturbulenzen einen kräftigen Kurswechsel in der Geldpolitik. Der Leitzins werde von 8,5 auf 15,0 Prozent angehoben, kündigte die Notenbank unter der Leitung ihrer neuen Chefin Hafize Gaye Erkan an. Volkswirte hatten im Schnitt allerdings eine noch stärkere Erhöhung erwartet und einen Leitzins von 20 Prozent prognostiziert.
Die Notenbank stellte zudem weitere Zinserhöhungen in Aussicht. Im Februar hatte sie noch den Leitzins um 0,50 Punkte gesenkt und die Entscheidung mit dem schweren Erdbeben im Südosten des Landes begründet.
Wende von umstrittener Geldpolitik
Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte sich trotz der sehr hohen Inflation immer wieder für Zinssenkungen ausgesprochen und starken Druck auf die Notenbank ausgeübt. Er vertrat entgegen der vorherrschenden Wirtschaftstheorien die Auffassung, dass hohe Zinsen die Inflation begünstigen.
So haben die Währungshüter ihren Leitzins von 19 Prozent im Jahr 2021 auf bis zu 8,5 Prozent gesenkt - und das, obwohl die Inflationsrate im vergangenen Oktober mit 85,5 Prozent ein 24-Jahres-Hoch erreicht hatte. Westliche Zentralbanken wie die amerikanische Fed und die Europäische Zentralbank (EZB) bekämpfen die Inflation dagegen mit höheren Zinsen.
Erdogan hatte nach seiner Wiederwahl vor wenigen Wochen aber eine Wende seiner umstrittenen Geld- und Finanzpolitik signalisiert. Sein neu ernannter Finanzminister Mehmet Simsek werde mit der Zentralbank zügig Schritte unternehmen, sagte Erdogan kürzlich: "Nach den Überlegungen unseres Finanzministers haben wir akzeptiert, dass er in Absprache mit der Zentralbank schnell Maßnahmen ergreifen wird."
Neue Notenbankchefin mit strengerer Zinspolitik
Erdogan hat sich selbst als "Zinsfeind" bezeichnet. Nach seiner Wiederwahl hat er aber mit Simsek und der neuen, in den USA ausgebildeten Zentralbankchefin Erkan den Übergang zu einer strengeren Zinspolitik eingeläutet. Erdogan sagte, er sei entschlossen, die Inflation von aktuell rund 40 Prozent in den einstelligen Bereich zu drücken. Er werde aber an seiner Politik der "niedrigen Inflation und niedrigen Zinsen" festhalten.
Die bisherige Zinspolitik hat eine Währungskrise ausgelöst. Die Landeswährung Lira verlor 2021 um 44 Prozent an Wert, 2022 nochmals 30 Prozent. Das verschärft das Inflationsproblem, weil das rohstoffarme Land viele Waren aus dem Ausland bezieht und diese in Devisen bezahlen muss. Die Behörden haben daher die Reserven der Zentralbank angezapft, um die Währung zu stabilisieren. Dennoch ist die Lira in diesem Jahr bereits um etwa 20 Prozent gefallen.