EU-Finanzminister beraten Kommt der spanische Hilferuf?
Die Euro-Finanzminister haben am Nachmittag über einen möglichen spanischen Hilfsantrag an den Euro-Rettungsschirm beraten. Die Banken des Landes brauchen dringend neues Geld. Der IWF bezifferte den Bedarf auf mindestens 40 Milliarden Euro. Mit weiteren Puffern könnte es noch viel mehr werden.
Europa wartet gespannt auf eine Entscheidung Spaniens über finanzielle Hilfen für seine angeschlagenen Banken. Gestern hatten mehrere Nachrichtenagenturen berichtet, dass dies schon heute geschehen könne. Dies dementierte die Regierung in Madrid allerdings.
Die Euro-Finanzminister berieten in einer Telefonkonferenz über einen möglichen Hilfsantrag. Es liege zwar noch kein formelles Ersuchen aus Madrid vor, aber man wolle vorbereitet sein, sagte ein Sprecher von Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker der Nachrichtenagentur dapd.
Am Morgen hatten schon die Finanzstaatssekretäre telefonisch über Spanien beraten. In Brüssel bereitet man sich seit Tagen auf den Hilferuf vor. Dem Vernehmen nach wurde bereits über Konditionen verhandelt, die Spanien im Gegenzug für Finanzhilfen für seine Banken erfüllen muss.
Brauchen die Banken noch 40 Milliarden Euro mehr?
Nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) brauchen die spanischen Banken mindestens 40 Milliarden Euro zusätzliches Kapital. Dieser Finanzbedarf ergebe sich aus einem Stresstest der Institute des Landes.
Der IWF machte zugleich deutlich, dass der errechnete Wert nur die Untergrenze markiere. Denn er enthalte noch nicht den empfohlenen zusätzlichen Puffer zur Absicherung fauler Kredite und für eine mögliche Umstrukturierung. Eine IWF-Vertreterin machte deutlich, dass das eineinhalb bis zweifache des errechneten Bedarfs häufig notwendig sei, um Geldhäuser krisenfest zu machen. Einschließlich des empfohlenen Puffers könnte sich der Bedarf des spanischen Bankensektors damit auf bis zu 80 Milliarden Euro summieren.
Es sei besser, den Finanzbedarf zu über- statt zu unterschätzen, sagte die stellvertretende IWF-Direktorin Ceyla Pazarbasioglu. In dem von ihr mitverfassten Bericht hieß es, die meisten großen Banken in Spanien seien belastbar, sie würden jedoch durch die schwächeren Banken in Mitleidenschaft gezogen.
Wenn nicht heute, dann irgendwann im Juni?
Spaniens stellvertretende spanische Ministerpräsidentin Soraya Saenz de Santamaria hatte gestern erklärt, das Land könne noch in diesem Monat über einen Antrag auf europäische Finanzhilfen entscheiden. Dies werde jedoch erst geschehen, wenn der IWF und die zwei beauftragten Beratungsfirmen ihre Berichte zur Lage der Geldhäuser vorgelegt hätten.
Nach der Veröffentlichung der IWF-Berechnungen rückt die Entscheidung nun näher. Die Berichte der Beratungsunternehmen werden innerhalb der nächsten zwei Wochen erwartet.
Schäuble: "Es liegt an Spanien"
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble verwies in der "Rheinischen Post" darauf, dass sich ein Teil des zusätzlichen Kapitalbedarfs der Geldhäuser dadurch ergebe, dass Spanien die Eigenkapitalregeln für die Banken verschärft habe, um sie in der Krise besser zu wappnen. Nach Ermittlung des Kapitalbedarfs müsse die Regierung in Madrid entscheiden, ob sie sich das benötigte Geld am Kapitalmarkt leihen oder die EFSF-Hilfen nutzen wolle. "Es liegt an Spanien zu entscheiden, was richtig ist", betonte er.
Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler ermunterte Spanien, die Unterstützung des Euro-Rettungsschirms in Anspruch zu nehmen. "Wenn Spanien bei der Bankenstabilisierung Hilfe benötigt, sollte es diese zügig bei der EFSF beantragen - das Instrumentarium dazu ist da", sagte er der "Rheinischen Post".
Lagarde fordert mehr gemeinsame Haftung
IWF-Chefin Christine Lagarde rief unterdessen die Europäer dazu auf, gemeinsam für ihre Verbindlichkeiten einzustehen. "Ohne mehr gemeinsame Haftung in der Eurozone geht es nicht", sagte sie der "Süddeutschen Zeitung". Dabei gebe es viele Wege. Neben dem Vorschlag gemeinsamer Staatsanleihen, sogenannter Eurobonds, verwies sie insbesondere auf die Idee eines Schuldentilgungspakts.