
VW-Tochter Škoda Tschechisches Zugpferd im Krisenkonzern
Während VW mit Gewinneinbruch, Werksschließungen und drohenden US-Zöllen kämpft, fährt Škoda der Konzernmutter davon. Die Marke profitiert davon, dass sie fast ausschließlich in Europa stark ist.
Dass sich Škoda vom einstigen Billigableger zur ernstzunehmenden Größe entwickelt hat, spürt auch Alexander Wendrich. "Wenn man zurückdenkt in die 90er - da war Škoda eine Randerscheinung", sagt der Inhaber eines Autohauses in Leipzig. "Der Favorit hatte viele Rostprobleme." Heute sei das ganz anders: "Die Marke hat sich einfach etabliert. Gefühlt ist jedes dritte Auto auf der Straße ein Škoda."
Einen weiten Punkt sieht er als besonderen Kaufanreiz: Škoda dränge die Kunden nicht in die Elektromobilität. "Die haben nicht alles auf E-Autos gesetzt - die bieten weiterhin Diesel an, auch für Langstreckenfahrer", sagt Wendrich. Das komme gut an, gerade bei Familien. "Die Leute fragen sich: Wo lade ich mein Auto, wenn ich in der Innenstadt wohne? Nicht jeder kann sich ein Zweit- oder Drittfahrzeug leisten."

Škoda-Händler Alexander Wendrich aus Leipzig freut sich über gute Geschäfte: "Gefühlt ist jedes dritte Auto auf der Straße ein Škoda", sagt er.
Ein breites Produkt-Portfolio
Dass die Strategie beim Kunden ankommt, ist kein Zufall. Auch Škoda-CEO Klaus Zellmer setzt nicht auf den schnellstmöglichen Komplettumstieg in die E-Mobilität, sondern auf ein breites Portfolio. "Die Zukunft ist elektrisch - aber den Weg dahin müssen wir managen", sagt er im ARD-Interview. Die Nachfrage nach reinen E-Autos steige nicht so schnell wie erwartet. "Die Transformationsgeschwindigkeit hat deutlich abgenommen - das sehen wir an den Zulassungszahlen."
Škoda hält mit Erfolg am Verbrennerangebot fest: Fabia, Scala und Kamiq bleiben mindestens bis Ende des Jahrzehnts im Programm, bestätigt Zellmer. Parallel dazu baut die Marke das Elektroangebot aus - mit Enyaq, Elroq, dem kommenden Epiq und einem geplanten siebensitzigen Familien-SUV. Zellmers Credo: "Der Feind ist nicht die Antriebstechnologie, sondern das CO2."
Neid innerhalb des VW-Konzerns?
Intern sorgt der Erfolg der Tschechen durchaus für Gesprächsstoff. Der Volkswagen-Konzern kämpft mit massiven Problemen. Die Marken VW und Audi melden für 2024 einen Gewinneinbruch um mehr als 30 Prozent, das China-Geschäft macht große Sorgen; Werksschließungen und der Abbau von Zehntausenden Stellen stehen auf der Tagesordnung.
Hinter vorgehaltener Hand ist deshalb aus dem Konzern zu hören, dass in Wolfsburg manch einer neidisch auf die glänzenden Zahlen der Tschechen blickt. In Mladá Boleslav feiert man das Jubiläumsjahr 130 Jahre Škoda-Automobilbau nämlich mit dem besten Ergebnis der Firmengeschichte: Der Gewinn stieg im Jahresvergleich um 30 Prozent. Bei Marge und Rentabilität liegt Skoda im Konzern klar an der Spitze.
Klaus Zellmer selbst gibt sich diplomatisch. "Das Thema Neid spüren wir deutlich weniger als in der Vergangenheit", sagt er. Innerhalb der sogenannten Markengruppe "Core", zu der neben Škoda auch VW, Seat und Cupra gehören, sei die Zusammenarbeit gut. "Wir konzentrieren uns auf den Wettbewerb außerhalb des Konzerns - und davon gibt es genug." Zellmer betont: "Wir können auch deshalb so erfolgreich sein, weil Skoda von den skalierten Plattformen des Konzerns profitiert."

"Wir brauchen einen paneuropäischen Ansatz", sagt Škoda-Chef Zellmer im Interview mit der ARD.
Standortvorteil und Hand-on-Spirit
Ein Grund für Škodas Effizienzvorsprung liegt im Standort selbst. Zellmer spricht offen über die Vorteile in Tschechien - und was man sich davon auch für Deutschland wünschen würde. "Unsere Faktorkosten sind deutlich geringer - das betrifft nicht nur Löhne, sondern auch Energiepreise und Bürokratie", sagt der CEO. Zudem lobt er die Mentalität in den tschechischen Werken: "Hier herrscht ein Hands-on-Spirit, eine Can-do-Haltung, die über Jahrzehnte gewachsen ist."
Ganz anders die Lage in vielen deutschen Werken, die derzeit unter Auslastungsproblemen und Strukturkosten leiden. Zellmer drückt es vorsichtig aus, aber die Botschaft ist klar: "Was wir brauchen, ist ein paneuropäischer Ansatz - bei Förderung, Infrastruktur und Strompreisen."
Einstiegsmobilität - nur nicht bei den E-Autos
Škoda steht seit jeher für bezahlbare Einstiegsmobilität mit Modellen wie dem Fabia oder dem Scala. Ein günstiges Elektroauto würde da eigentlich gut ins Portfolio passen. Doch genau dieses Einstiegsmodell unter 20.000 Euro soll künftig von Volkswagen gebaut werden. In Tschechien nimmt man das gelassen - auch, weil sich mit einem derart günstigen Stromer kaum Geld verdienen lässt.
Škoda setzt stattdessen auf margenträchtigere Fahrzeuge - und fährt damit bislang gut. Statt den Wettbewerb im Konzern zu verschärfen, wolle man gemeinsam den Markt erobern, sagt Škoda-Chef Zellmer: "Wir stehen uns nicht gegenseitig auf den Füßen, sondern vergrößern unseren Fußabdruck als Konzern."
EU-Klimaziele ein Problem für Škoda?
Dass Škoda nicht voll auf Elektromobilität gesetzt hat, zahlt sich aktuell aus. Die Vielfalt im Antriebsangebot trifft den Nerv der Kundschaft - und beschert der Marke ein Umsatzplus, während andere mit Absatzflauten kämpfen. Doch was heute ein Vorteil ist, könnte morgen zum Problem werden.
Sollte das Verbrenner-Aus der EU tatsächlich kommen, müsste auch Škoda schneller umsteuern. Noch aber deutet vieles darauf hin, dass Brüssel den Zeitplan lockert. Und so dürfte die tschechische Tochter der Mutter in Wolfsburg wohl noch eine Weile davonfahren.