80. Jahrestag des großen Crashs Der Tag, als an den Börsen Panik regierte
Wüste Spekulationen ohne reale Gegenwerte - dieses Muster hat die Weltwirtschaft schon einmal in die Krise gestürzt: Vor 80 Jahren platzte an den US-Börsen eine gewaltige Spekulationsblase. Binnen Stunden wurden Milliarden Dollar vernichtet.
Von Thomas Schmidt, ARD-Hörfunkstudio New York
Eine unruhige Menschenmenge hatte sich vor der New Yorker Börse versammelt: In der Stadt ging das Gerücht um von einer drohenden Aktien-Apokalypse - ein Untergangs-Szenario, dass so gar nicht zum optimistischen Zeitgeist passte. Der Tag werde kommen, an dem mit Gottes Hilfe die Armut aus den USA verbannt sei, hatte der neue Präsident Herbert Hoover versprochen - für jeden Amerikaner sollte es einen Platz an der Sonne geben.
Die New Yorker Wall Street am "Schwarzen Freitag" 1929: Als die Börsenkurse in den Keller rutschten, herrschten Panik und Chaos.
Schneller Reichtum - für diesen amerikanischen Traum bot die Spekulation mit Aktien den passenden Stoff, und man brauchte nicht einmal eigenes Geld. Die Banken gaben Millionen Amerikanern Darlehen - ein Eigenanteil von zehn Prozent genügte schon, um an der Börse mit Millionen zu jonglieren.
Dabeisein war alles
Nicht nur große Firmen, sondern auch Kleinanleger riskierten viel, um beim Geldmachen dabei zu sein. Jeder hoffte auf den Boom, und selbst Hollywood machte sich den neuen Modetrend zu eigen: "Jetzt muss man kaufen, solange der neue Boom anhält, und immer daran denken: Neue Besen kehren gut", rief Groucho Marx in "The Cocoanuts", der erste Film der später legendären Marx-Brothers.
Erspartes verloren: Groucho Marx war nicht zu Späßen aufgelegt.
Es war eine Textzeile, an die sich Groucho noch einmal bitter erinnern sollte. Denn der mit Geld auf Pump angefachte Boom trieb den Dow auf Rekordmarken, die nichts mehr mit dem realen Wert der Unternehmen zu tun hatten. Im Herbst 1929 gerieten die Kurse ins Wanken, am 24. Oktober, gegen 11 Uhr, platzte schließlich die Spekulationsblase und die Börse stürzte dramatisch ab.
Helle Panik
"Händler rannten herum wie Hühner ohne Kopf, keiner wusste, wohin", erinnert sich der damalige Börsenangestellte Tom McCormick. Verkaufen, verkaufen zu jedem Preis, schien das Gebot der Stunde. Was folgte, war ein alles vernichtender Ausverkauf: Gegen Mittag war der Gesamtwert der börsennotierten Unternehmen um elf Milliarden Dollar gefallen. Der Staat sah zu, nur ein paar Banker kauften gegen den Trend mit eigenem Geld und konnten so die Panik - zumindest vorläufig - zum Stehen bringen.
Statt Reichtum für alle Massenarbeitslosigkeit: US-Präsident Hoover
Der Handel schloss zuletzt mit einem leichten Plus, aber der Absturz war nicht mehr aufzuhalten: Angst und Chaos bestimmten das Freitags- und Montagsgeschäft. Am Dienstag, den 29. Oktober, fielen die Kurse endgültig ins Bodenlose, erneut wurden Millionenvermögen in Minuten vernichtet - auch das Aktienpaket von Groucho Marx.
"Mein Vater wollte sich umbringen", sagt Sohn Arthur Marx, aber Groucho überwandt den Verlust. Nicht alle fanden diese Kraft - in den Tagen nach dem Kursabsturz nahmen sich zahlreiche Anleger das Leben. Der nachfolgende Bankrott vieler hochverschuldeter Unternehmen trieb die Arbeitslosigkeit in die Höhe und die USA in die Große Depression. Nachhaltig konnte sich die US-Wirtschaft vom "Schwarzen Freitag" erst gut zehn Jahre später erholen, als mit dem Zweiten Weltkrieg eine andere Katastrophe heraufzog.