Reaktionen auf Gipfel-Beschlüsse Griechenland-Hilfspaket erntet Lob und Zweifel
Das Hilfspaket für Griechenland ist in Deutschland überwiegend auf Zustimmung gestoßen. Kanzlerin Merkel erwartet die Abstimmung des Bundestages für September. Doch es gibt auch erste Rufe nach einer Sondersitzung in der Sommerpause. Denn Politiker aller Parteien bemängeln viele ungeklärte Detailfragen.
In Deutschland sind die Beschlüsse des Euro-Sondergipfels zu neuen Griechenland-Hilfen überwiegend auf Zustimmung gestoßen. Außenminister Guido Westerwelle zeigte sich "erleichtert über das Ergebnis". FDP-Chef und Vizekanzler Philipp Rösler sprach von einem "wichtigen Signal für die Stabilität in der Eurozone". Vor der notwendigen Abstimmung des Bundestages über das Rettungspaket äußerten allerdings Politiker der schwarz-gelben Koalition ebenso wie Abgeordnete der Opposition Bedenken.
Die konkrete Ausgestaltung der einzelnen Maßnahmen "müssen wir uns noch sehr genau anschauen", sagte der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Norbert Barthle. Die nächsten Schritte dürften nur "nach eingehender Beteiligung des Parlaments" unternommen werden. Der Präsident des CDU-Wirtschaftsrats, Kurt Lauk, bemängelte, dass unklar bleibe, welche "belastbaren Verpflichtungen" Nehmerländer wie Griechenland hätten. Außerdem müsse geregelt werden, "welche Institution mit welchen Instrumenten die Verwendung der Gelder in Griechenland kontrolliert".
Ruf nach Sondersitzung des Bundestags
Der Bundestag muss die Griechenland-Hilfen noch billigen. Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte, aus ihrer Sicht sei keine Sondersitzung des Parlaments notwendig, weil eine Zustimmung des Parlaments in der ersten Septemberhälfte und damit vor der geplanten Auszahlung der nächsten Kredittranche ausreiche. Der FDP-Finanzpolitiker Frank Schäffler forderte allerdings eine baldige Sondersitzung des Bundestages über die Ergebnisse des Gipfels. Dass der Euro-Rettungsschirm EFSF nun auf dem Sekundärmarkt Staatsanleihen kaufen können solle, "widerspricht der Beschlusslage des Deutschen Bundestages vom Februar". Der FDP-Haushaltsexperte Otto Fricke betonte, dass zusätzliche Garantien für Griechenland durch das Parlament gebilligt werden müssten. Im Grundsatz begrüßte er die Gipfelbeschlüsse und erklärte, er erwarte nun eine Beruhigung der Märkte.
Auch die SPD wertete die Entscheidungen der Euro-Staaten überwiegend positiv. Insgesamt seien die Beschlüsse ein Signal der Handlungsfähigkeit der EU, sagte Fraktionsvize Joachim Poß dem SWR. "Ob die Maßnahmen konsequent genug sind, da kann man die Zweifel haben", fügte er hinzu. Es sei zwar erfreulich, dass es ein Rettungspaket gebe. Doch es sei nicht klar, ob Banken und Versicherer am Ende tatsächlich Geld beisteuerten, erklärte Poß. Der SPD-Fraktionsvize stellte zugleich klar, dass er gegenwärtig keine Sondersitzung des Bundestages für notwendig halte. Der SPD-Haushaltspolitiker Carsten Schneider ließ offen, ob die Sozialdemokraten den Griechenland-Hilfen zustimmen werden. "Ich will mich dem nicht verschließen", sagte er. "Bei den Kernpunkten dauerhafte Schuldentragfähigkeit und private Gläubigerbeteiligung - da mache ich aber noch große Fragezeichen."
Grüne signalisieren Zustimmung zu Griechenland-Hilfen
Die Grünen signalisierten ihre Bereitschaft, den Plänen zuzustimmen. In vielem gehe man jetzt in die Richtung, die seine Partei immer gefordert habe, sagte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin im ARD-Morgenmagazin. Das gelte im Hinblick auf einen Schuldenschnitt wie auch beim Ankauf griechischer Anleihen. "Wir haben also einen Schritt in Richtung Eurobonds getan", sagte der Grünen-Politiker. Wenn nun die Forderungen seiner Partei ansatzweise auf den Weg gebracht würden, würden die Grünen den Entscheidungen im Parlament "nicht im Wege stehen, sondern das begrüßen".
Die Partei Die Linke kritisierte dagegen die Gipfelbeschlüsse in scharfer Form. "Die akute Krise wird auf dem Papier bewältigt, doch von einer tragfähigen Lösung ist man meilenweit entfernt", erklärte die wirtschaftspolitische Sprecherin der Fraktion, Sahra Wagenknecht. "Die tatsächlichen Risiken werden weiter auf die Steuerzahler abgewälzt." Merkel hatte zuvor erklärt, sie wolle alles versuchen, die Kosten für die Krisenbewältigung "möglichst gering" zu halten. Sie räumte ein, dass die genauen Kosten für das Hilfspaket bislang noch unklar seien: "Das kann im Augenblick nicht gesagt werden", sagte die Bundeskanzlerin.
Banken begrüßten Gipfelergebnisse
Vertreter der Bankenbranche begrüßten die Beschlüsse des Gipfels. "Mit dem Ergebnis ist ein wichtiges Signal an die Märkte gegeben worden", sagte der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV), Heinrich Haasis. Die Beteiligung privater Gläubiger bleibe auf Griechenland beschränkt und sei "keine Blaupause für zukünftige Krisenfälle", betonte der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, Michael Kemmer. Er warnte, dass die praktische Umsetzung "noch gewisse Unsicherheiten an den Märkten hervorrufen" könne. Den Gipfel-Beschluss wertete der Bankenverband als "wichtigen Schritt nach vorn". Der Bundesverband Öffentlicher Banken sprach von einem Meilenstein für die Eurozone. Die Staats- und Regierungschefs hätten Handlungsfähigkeit und Weitsicht bewiesen, erklärte Verbandsgeschäftsführer Karl-Heinz Boos.