Berichte über Abwertung durch S&P Verliert Frankreich sein AAA?
Frankreich steht laut Medienberichten unmittelbar vor dem Verlust seines Topratings bei der Agentur Standard and Poor's. Die US-Agentur wolle zudem die Kreditwürdigkeit weiterer europäischer Staaten abstufen; auch Österreichs AAA ist demnach in Gefahr. Experten sehen die mögliche Herabstufung allerdings gelassen.
Verschiedene Berichte über eine Abstufung Frankreich und mehrerer anderer europäischer Staaten durch die US-Ratingagentur Standard and Poor's haben an den Börsen für Verunsicherung gesorgt. DAX, Dow Jones und die meisten europäischen Börsen drehten ins Minus; der Eurokurs fiel um zwei Cent gegenüber dem Dollar.
Sowohl das französische Fernsehen als auch verschiedene Nachrichtenagenturen berichten unter Berufung auf Regierungskreise, Frankreich werde sein bisheriges Toprating AAA verlieren.
Die französische Budgetministerin Valérie Pécresse sagte dem Fernsehsender BFMTVF, Frankreich sei "ein sicherer Wert, es kann seine Schulden zurückzahlen und das Defizit hat sich zuletzt besser entwickelt als erwartet". Spitzenvertreter der französischen Regierung kamen zu Beratungen im Elyséepalast zusammen.
Auch Österreich wohl betroffen - Deutschland aber nicht
Auch Österreichs Bestnote ist laut "Financial Times" und "Bloomberg TV" gefährdet. Über die weiteren Staaten, die von einer Abstufung betroffen sein sollen, gibt es bisher nur widersprüchliche Angaben. Spanien, Italien und Portugal wurden aber an den Märkten als wahrscheinliche Kandidaten genannt; für einige dieser Länder zogen auch die Renditen auf die Staatsanleihen spürbar an.
Weitere bisherige AAA-Staaten sollen aber nicht betroffen sein. Somit würde auch Deutschland seine Top-Bonität behalten; außerdem Finnland, die Niederlande und Luxemburg. Die Ratingagentur lehnte jeden Kommentar zu den Berichten ab.
Die US-Agentur hatte Anfang Dezember den Ausblick für das Rating von 15 Euro-Ländern auf "negativ" gesetzt und damit eine Herabstufung binnen drei Monaten vorbereitet. Sie hatte ihre Entscheidung vom Dezember mit der besorgniserregenden Entwicklung der Schuldenkrise begründet. Deren Lösung werde durch die Uneinigkeit der Regierungen behindert. Es bestehe eine "systemische Vertrauenskrise" mit Rezessionsgefahren.
Ökonomen reagieren überwiegend gelassen
Ein schlechteres Rating kann - muss aber nicht - für die betroffenen Länder höhere Finanzierungskosten in Form steigender Zinsen nach sich ziehen. So können sich die USA trotz der Abstufung vor einem halben Jahr weiterhin günstig Geld leihen.
Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer sagte der Nachrichtenagentur Reuters, die Herabstufung irritiere zwar kurzfristig die Märkte, sei aber kein großes Problem in einer Welt, in der auch die USA und Japan nicht mehr über das Spitzenrating AAA verfügten: "Dreifach-A ist ohnehin eine aussterbende Spezies". Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater sagte, "Handelsblatt Online", der Druck der Ratingagenturen verschärfe zwar generell die Notwendigkeit zu Strukturreformen. Die Auswirkungen einer Ratingabstufung seien aber überschaubar, weil sie an den Kapitalmärkten "mehr und mehr erwartet worden ist und bereits langsam Eingang in die Preise gefunden hat".
Der Chefvolkswirt von Barclays Capital Deutschland, Thorsten Polleit, sieht dagegen einen Rückschlag für die Rettungsbemühungen in der Schuldenkrise. "Die Schultern der vermeintlichen finanzstarken Länder sind zu schwach, als dass sie die Lasten der maroden Länder übernehmen könnten", sagte er ebenfalls "Handelsblatt Online". Die drohenden Herabstufungen signalisierten, dass sich die miserable Finanzlage der Staaten nicht "durch neue Kredittöpfe und Schuldenkollektivierung" bereinigen lasse.
Schäuble: Ratingagenturen nicht überschätzen
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sieht nach eigenen Worten einer möglichen Herabstufung gelassen entgegen: "Wir haben uns ja in den letzten Monaten zunehmend weltweit darauf verständigt, wir sollten die Rating-Agenturen auch nicht überschätzen in ihren Beurteilungen", sagte der CDU-Politiker dem Fernsehsender RTL. Dass es eine große Verunsicherung bei den Finanzmärkten gegenüber der Euro-Zone insgesamt gebe, sei ja nicht neu.
Auch EFSF-Rating in Gefahr?
Eine Abstufung europäischer Staaten könnte zudem Auswirkungen auf die Kreditwürdigkeit des Euro-Rettungsschirms EFSF haben, die sich an der Bonität der beteiligten Staaten orientiert - und Frankreich ist nach Deutschland das zweite Schwergewicht im Rettungsfonds.
Die Meldungen über eine Herabstufung trieben Anleger zum Kauf deutscher Staatspapiere. Der richtungsweisende Euro-Bund-Future durchbrach am Nachmittag erstmals die Marke von 140 Punkten. Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe fiel im Gegenzug bis auf 1,74 Prozent. In den fünf- und dreißigjährigen Laufzeiten sanken die Renditen auf historische Tiefststände.