Euro-Finanzminister zu Griechenland Nächste Tranche bewilligt - Hilfe reicht nicht aus
Die Finanzminister der Euro-Gruppe haben die nächste Tranche der Griechenland-Hilfe in Höhe von acht Milliarden Euro freigegeben. Doch diese Summe und auch das beschlossene zweite Hilfspaket werden nicht reichen, stellten sie in Brüssel fest. Das Programm müsse aufgestockt werden. Und die längerfristigen Perspektiven sind düster.
Griechenland braucht weit mehr Finanzhilfe der Partner und Banken als bisher berechnet. Das geht aus einer Erklärung der Euro-Finanzminister in Brüssel hervor. Das zweite Hilfspaket von 109 Milliarden Euro müsse aufgestockt werden, befanden die Minister. Sie ließen aber offen, um wie viel Euro das Paket aufgestockt werden muss. Noch im Juli waren die internationalen Geldgeber davon ausgegangen, dass 109 Milliarden Euro aus öffentlichen Mitteln ausreichen. Zusätzlich sollten Banken und Versicherer mit bis zu 50 Milliarden Euro zur Rettung beitragen.
Die Sonderprüfer von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationaler Währungsfonds befürchten, dass die Geldgeber im schlimmsten Fall 444 Milliarden Euro nachschießen müssen. Das geht aus einem Sonderbericht der sogenannten Troika hervor, aus dem mehrere Nachrichtenagenturen zitierten.
Kreditfähig erst ab 2021?
Demnach befürchtet die Troika, dass Griechenland auf Jahre hinaus auf Zahlungen der Euro-Staaten angewiesen sein wird. In einem Bericht zur Schuldenfähigkeit heiße es, ohne drastischen Kurswechsel werde das Land frühestens in zehn Jahren wieder selbst am Finanzmarkt Geld aufnehmen können. Bei einer Beibehaltung des Kurses würde die Gesamtverschuldung im Jahr 2020 noch bei 152 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen.
Der Berechnung liegen demnach realistischere Annahmen zum Wirtschaftswachstum und zu Privatisierungserlösen zugrunde. Der Bericht mache klar, dass zu einem schnelleren Schuldenabbau ein höherer Beitrag der Banken notwendig sei. Berlin will den Schuldenstand Athens bis 2020 auf 120 Prozent drücken.
Weitere Hilfe versprochen
Zugleich gaben die Minister die nächste Kredittranche für Griechenland in Höhe von acht Milliarden Euro frei. Sie kann voraussichtlich Mitte November ausgezahlt werden, wenn auch der Internationale Währungsfonds (IWF) zugestimmt hat. Er hat einen Anteil von einem Drittel an dem Kredithilfen-Paket von insgesamt 110 Milliarden Euro. Die Finanzspritze stammt noch aus dem ersten Hilfsprogramm für Athen.
Ohne das Geld hätte dem Land im November die Pleite gedroht. Die Entscheidung sollte schon Anfang Oktober fallen, war aber verschoben worden, weil Griechenland seine Sparziele verfehlt hatte. Mittlerweile legte die griechische Regierung mit neuen Sparmaßnahmen nach.
Das zweite Paket in Höhe von 109 Milliarden Euro hatten die die Euro-Staaten daher im Juli beschlossen. Mittlerweile aber hat sich die Lage Griechenlands weiter verschlechtert. Die Politik will daher private Gläubiger wie Banken und Versicherungen bei der Rettung stärker als geplant einbeziehen. Eine Entscheidung dazu ist noch nicht getroffen.
Den Finanzministern lag dazu allerdings ein Bericht Troika vor, in dem offenbar das Szenario eines Schuldenschnittes von 50 oder 60 Prozent durchgespielt wird. Auch dann, so die Griechenland-Experten, könnte der langfristige Finanzbedarf auf rund 200 bis 300 Milliarden Euro steigen. Das wäre mehr als das Doppelte der bislang veranschlagten Hilfskredite für Griechenland.
Noch zwei "Hebel"-Modelle im Gespräch
Fortschritte gab es offenbar bei der Diskussion, wie die verfügbaren Mittel im Euro-Rettungsfonds EFSF durch "Hebeltrick" eine größere Wirkung entfalten sollen. Nach Informationen des ARD-Studios in Brüssel sind inzwischen nur noch zwei verschiedene Modelle im Gespräch. Das seit Tagen skizzierte "Versicherungsmodell" und ein Fonds-Modell - ähnlich wie bei der Forschungs- und Wirtschaftsförderung.
Verhandlungsmarathon am Wochenende
Auf europäischer Ebene laufen die Verhandlungen über eine dauerhafte Lösung der Schuldenkrise das ganze Wochenende auf Hochtouren. Nach dem Treffen der Finanzminister der Eurozone am Freitag steht für heute ein Treffen der Finanzminister aller 27 EU-Staaten auf dem Programm. Am Abend will Bundeskanzlerin Angela Merkel erneut mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy über eine Lösung im Streit über den Kredithebel beraten. Am Sonntagvormittag folgt der EU-Gipfel, am Nachmittag der Gipfel der Staats- und Regierungschefs der Eurozone.
Beim Gipfel am Sonntag geht es unter anderem um eine Lösung für den europäischen Bankensektor. Viele Kreditinstitute verfügen offenbar über zu wenig Eigenkapital, um neuerliche Rückschläge in der Schuldenkrise zu verkraften. Die Eurogruppe wird zudem über weitere Hilfen für Griechenland beraten.