Energietrassen Drei Lecks an Nord-Stream-Pipelines
An den Gas-Pipelines Nord Stream 1 und 2 sind drei Lecks entdeckt worden. Auswirkungen auf die Gasversorgung hat das nicht. Die Ursache ist noch unklar, es gibt aber die Vermutung, dass es sich um Sabotage handelt.
Die dänischen Behörden haben an den Gas-Pipelines Nord Stream 1 und 2 insgesamt drei Lecks entdeckt. Es sei die Rede von zwei Lecks an Nord Stream 1 nordöstlich der Ostsee-Insel Bornholm sowie einem an Nord Stream 2 südöstlich der Insel, teilte die dänische Energiebehörde mit. Im Falle von Nord Stream 1 befinde sich das eine Leck in dänischen und das andere in schwedischen Gewässern, bei dem von Nord Stream 2 in dänischen.
Auch der Betreiber der Pipeline meldete, man habe an einem Tag mehrere Schäden entdeckt. Insgesamt handele es sich um drei beispiellose Fälle, teilte die Nord Stream AG mit. Es sei unklar, wann das System wieder funktionieren werde.
Brüche in Gasleitungen höchst selten
Wegen der Zwischenfälle bat die Behörde das staatliche Unternehmen Energinet, im Hinblick auf die Sicherheit ihrer Anlagen besonders aufmerksam zu sein. Brüche in Gasleitungen kämen höchst selten vor, weshalb man Gründe dafür sehe, das sogenannte Bereitschaftsniveau im Gas- und Stromsektor auf die zweithöchste Stufe "orange" anzuheben, schrieb die Energiebehörde. Sie forderte ein "höheres Maß an Wachsamkeit im Strom- und Gassektor". Energinet ist in Dänemark für den Gesamtbetrieb des Strom- und Gassystems verantwortlich.
Da keine der Pipelines in Betrieb gewesen sei, habe keiner der Vorfälle derzeit eine Bedeutung für die Gasversorgung in Europa und Dänemark.
Am Montag war zunächst ein starker Druckabfall in der fertiggestellten, aber nie in Betrieb genommenen Pipeline Nord Stream 2 gemeldet worden. Die dänischen Behörden und die Betreiberfirma der Leitung erklärten später, dass dies auf ein Gasleck in der Nähe der Insel Bornholm zurückgehe. Dänemark sprach von einem "gefährlichen" Leck und sperrte den Bereich für die Schifffahrt ab.
Später wurde auch bei Nord Stream 1 ein starker Druckabfall gemeldet. Ein Grund dafür wurde zunächst nicht genannt.
Berichte über Sabotage
Zu einer möglichen Ursache der Schäden lagen von offizieller Seite bislang keine Angaben vor. Die Nachrichtenagentur dpa erfuhr aus Sicherheitskreisen, dass einiges für Sabotage spreche. Sollte es sich um einen Anschlag handeln, würde angesichts des technischen Aufwands eigentlich nur ein staatlicher Akteur infrage kommen. Zuvor hatte der Berliner "Tagesspiegel" darüber berichtet. "Unsere Fantasie gibt kein Szenario mehr her, dass es kein gezielter Anschlag ist", zitierte die Zeitung ihre Quelle.
Der grüne Bundestagsabgeordnete Jürgen Trittin ging ebenfalls von einer "gewaltsamen Störung" aus. "An Spekulationen beteiligen wir uns nicht", erklärte hingegen das Bundeswirtschaftsministerium und verwies auf die Sicherheitsbehörden.
Kreml "äußerst beunruhigt"
Auch Russland schließt Sabotage als möglichen Grund nicht aus. "Jetzt kann keine Variante ausgeschlossen werden", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow auf die Frage, ob Sabotage der Grund sein könne für den Druckabfall. "Offensichtlich gibt es eine Zerstörung der Leitung. Und was der Grund dafür ist - da kann man bis zu dem Zeitpunkt, bis die Ergebnisse der Untersuchungen auftauchen, keine Variante ausschließen", sagte Peskow der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge.
Der Kreml sei "äußerst beunruhigt" über den Druckabfall in den Ostseepipelines Nord Stream 1 und 2. Die Nachrichten seien alarmierend. Die Schäden an den Leitungen müssten untersucht werden. "Das ist eine absolut nie dagewesene Situation, die einer schnellen Aufklärung bedarf", sagte Peskow.
Polen: Russische Provokation?
Polen hält es für nicht ausgeschlossen, dass hinter den Gaslecks eine russische Provokation steckt. Man befinde sich in einer Situation hoher internationaler Spannung, sagte Vize-Außenminister Marcin Przydacz. "Leider verfolgt unser östlicher Nachbar ständig eine aggressive Politik. Wenn er zu einer aggressiven militärischen Politik in der Ukraine fähig ist, ist es offensichtlich, dass keine Provokationen ausgeschlossen werden können, auch nicht in den Abschnitten, die in Westeuropa liegen."
Bundeswirtschaftsministerium und Bundesnetzagentur teilten übereinstimmend mit, man stehe miteinander und mit den betroffenen Behörden im Austausch, um den Sachverhalt aufzuklären. "Aktuell kennen wir die Ursachen für den Druckabfall nicht", hieß es.
Und die Umwelt-Auswirkungen?
Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) schätzt die möglichen kurzfristigen Auswirkungen der Lecks auf die Umwelt als lokal begrenzt ein. "An der Wasseroberfläche entsteht allerdings eine erhöhte Explosionsgefahr, also vor allem eine Gefahr für alle Schiffe", sagte Nadja Ziebarth, Leiterin des BUND-Meeresschutzbüros. Daher müsse ein großer Sicherheitsradius gezogen werden, um eine Havarie zu verhindern.
So sieht es auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH): Das Leck sei gefährlich für die Schifffahrt und das Fahren innerhalb eines Bereichs von fünf Seemeilen von der besagten Position verboten.
Während die Nord-Stream-2-Pipeline nach ihrer Fertigstellung nie in Betrieb genommen wurde, sondern nur einmalig mit Gas befüllt, floss durch die Nord-Stream-1-Pipeline bis Ende August Gas nach Deutschland. Nachdem der russische Staatskonzern Gazprom seine Lieferungen durch die Röhre bereits zuvor reduziert hatte, stoppte er diese zunächst wegen angeblich notwendiger Wartungsarbeiten und danach mit dem Verweis auf einen Ölaustritt in der Kompressorstation Portowaja komplett. Westliche Staaten halten diese Begründung für vorgeschoben.