Diskussion um neue Benzinsorte Verwirrung um Unbedenklichkeit von E10
Drei bis vier Millionen Autos in Deutschland vertragen den neuen Kraftstoff E10 nicht. Nun befürchtet ein Experte von BMW angeblich, das neue Benzin könnte ein Problem für alle Automotoren sein. Der Konzern widersprach dieser Darstellung. Und Wirtschaftsminister Brüderle reagierte im Bericht aus Berlin überrascht.
Der heftig umstrittene neue Kraftstoff E10 könnte angeblich ein Problem für alle Automotoren sein. Bislang stand nur fest, dass drei bis vier Millionen Autos in Deutschland den Sprit nicht vertragen.
Dass der Kraftstoff problematisch für viel mehr Automotoren sein könnte, befürchtet nach einem Bericht der "Welt am Sonntag" der Leiter der Mechanikentwicklung bei BMW, Thomas Brüner. Durch den hohen Ethanolanteil von zehn Prozent im Benzin nehme die Wassermenge im Motor zu, soll Brüner der Zeitung zufolge gesagt haben.
Mehrkosten durch häufigere Ölwechsel?
Das Wasser kondensiere aus den Verbrennungsgasen und gelange ins Öl, das dadurch verdünnt werde und schneller altere, schreibt das Blatt unter Berufung auf Brüner. Das bedeute wiederum kürzere Ölwechselintervalle zulasten des Kunden. Diese müssten die häufigeren Ölwechsel nämlich bezahlen. Für einen Sechszylinder bedeutet dies zum Beispiel laut der Zeitung jedesmal Kosten von gut 200 Euro.
Ob es so weit kommt oder der in Deutschland verkaufte E10-Sprit gut genug ist, wissen die Autobauer Brüner zufolge noch nicht. BMW will nun gemeinsam mit dem Konkurrenten Daimler entsprechende Tests durchführen. Experten raten Autofahrern, künftig häufiger den Öl-Peilstab zu ziehen. Werde ein höherer Pegel als bei der vorigen Kontrolle angezeigt, bestehe Verdacht auf Verdünnung des Schmiermittels.
BMW-Konzern gibt Entwarnung
Der BMW-Konzern erklärte allerdings erst vor kurzem, dass E10 für alle BMW-Pkw unbedenklich sei. Lediglich einige ältere Modelle benötigten unabhängig vom Ethanolgehalt aufgrund der höheren Oktanzahl Super Plus. Das deckt sich mit einer Erklärung des Konzerns zum Thema E10 vom 22. Februar 2011.
Auch der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) äußerte sich "befremdet" über die Angaben Brüners. VDB-Geschäftsführer Elmar Baumann kritisierte auch, dass BMW weitere Tests, die das Unternehmen laut "WamS" gemeinsam mit dem Daimler-Konzern plant, nicht schon früher vorgenommen habe.
Derweil ist nicht klar, in welchem Zusammenhang Brüner seine Aussagen überhaupt gemacht hat. Nach Angaben des Branchendienstes "Auto-Reporter" soll sich Brüner nämlich über Kraftstoffqualität außerhalb der EU geäußert haben. "Auto-Reporter" zitiert den Entwicklungsvorstand des Konzerns, Klaus Draeger, mit der Aussage, an der Unterstützung von BMW für die Einführung von E10 habe sich nichts geändert. (siehe Zitatbox)
"Entgegen aktueller, anderslautender Medienberichte bekräftigen wir unsere Aussage, dass grundsätzlich in allen BMW Pkw Modellen sämtlicher Baujahre der unbedenkliche Einsatz von E10 Kraftstoffen möglich ist. Einige wenige ältere BMW Fahrzeuge benötigen aus Gründen der Klopffestigkeit Super Plus ROZ 98. Diese Fahrzeuge eignen sich daher unabhängig vom Ethanolgehalt nicht für Superkraftstoff."
Brüderle: "Bin irritiert"
Auf die in der "WamS" wiedergegebenen Äußerungen Brüners reagierte Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle im Bericht aus Berlin irritiert. Offenbar seien viele Informationen nicht weitergegeben worden. Brüderle forderte die Industrie auf, ihrer Informationspflicht nachzukommen: "Es ist Aufgabe der Mineralölwirtschaft, ihre Kunden über das zu informieren, was sie verkaufen. Die Fahrzeughersteller müssen klare Auskunft darüber geben, ob E10 für die Motoren geeignet sind, die sie verkaufen."
Brüderle schloss nicht aus, dass das Kraftfahrtbundesamt die Halter anschreibt, deren Autos durch E10 beschädigt werden könnten. Am Dienstag will Brüderle diese Maßnahme und das weitere Vorgehen auf dem "Benzin-Gipfel" erörtern. Teilnehmen werden Umweltminister Norbert Röttgen, Verbraucherministerin Ilse Aigner, Verkehrsminister Peter Ramsauer sowie Automobilverbände, die Autoclubs ADAC und AvD, Verbände der Mineralölwirtschaft, die Bioethanol-Branche, der Bauernverband und die Verbraucherzentralen.
Röttgen: "Weniger Abhängigkeit vom Öl"
Bundesumweltminister Röttgen verteidigte den neuen Kraftstoff erneut. "Die Einführung von Biokraftstoffen dient dazu, unsere Abhängigkeit vom Öl zu reduzieren. Darüber gibt es einen Konsens über die Parteigrenzen hinweg", sagte er der "Bild am Sonntag". Er widersprach der Behauptung, der mit biologisch gewonnenem Ethanol versetze Sprit würde zwangsweise eingeführt: "Die Politik verpflichtet die Industrie lediglich zur Einhaltung einer bestimmten Biokraftstoffquote, die zwar gestiegen, aber nicht neu ist und bislang immer so gut wie erfüllt werden konnte."
Brüderle sagte dazu im Bericht aus Berlin, der Ansatz, die Quote über die Einführung von E10 zu erfüllen, sei im Prinzip richtig. Er sei aber nicht richtig vorbereitet und umgesetzt worden: "Die EU macht die Vorgabe, dass 5,75 Prozent Biokraftstoffe den Kraftstoffen insgesamt beigemischt werden müssen. In Deutschland haben wir einen etwas höheren Ansatz von 6,25 Prozent. Rein theoretisch könnte man auch reine Biokraftstoffe anbieten und damit versuchen, die Quote zu erfüllen. Die wären aber sehr teuer und müssten massiv subventioniert werden."
E10 wird seit Beginn des Jahres in Deutschland eingeführt. Damit soll der Ausstoß des Klimagases CO2 reduziert werden - trotz der Mahnung von Umweltverbänden, die glauben, dass die Klimabilanz von E10 sogar negativ ist. Viele verunsicherte Autofahrer tanken nun Super Plus, obwohl dieser Kraftstoff teurer ist. Wirtschaftsminister Brüderle betonte, E10 werde nur ein Erfolg, wenn die Verbraucher davon überzeugt seien, dass dies für ihr Fahrzeug der richtige Treibstoff sei.