Ver.di fordert Neuorientierung des Versandhändlers Neckermann soll Textilgeschäft erhalten
Die Gewerkschaft ver.di hält das Sanierungskonzept für den angeschlagenen Versandhändler Neckermann für unausgereift. Das Textilgeschäft sei nicht hoffnungslos und müsse nicht aufgegeben werden. Außerdem könne Neckermann seine Logistik für stationäre Händler zur Verfügung stellen.
Der Betriebsrat des Versandhändlers Neckermann sieht die Zukunft des angeschlagenen Unternehmens auch als Online-Dienstleister für stationäre Textilketten. Neckermann verfüge über Sachanlagen und Knowhow, den noch schwachen Internethandel der verschiedenen Ketten zu entwickeln, sagte Betriebsratschef Thomas Schmidt. Damit könnten zahlreiche Stellen insbesondere im Frankfurter Zentrallager gerettet werden.
Retouren abwickeln, mit den Kunden telefonieren - das alles gehöre bereits zum Kerngeschäft von Neckermann und könne anderen Händlern als Dienstleistung angeboten werden, erklärte der wirtschaftliche Berater der Arbeitnehmervertretung, Günter Stolz. Diese sparten Kosten zum Aufbau eigener Strukturen und Prozesse. Zur genaueren Ausarbeitung solle im Aufsichtsrat des Unternehmens um einen zeitlichen Aufschub von sechs Wochen geworben werden.
Eigenmarken sollen erhalten bleiben
Neckermann.de müsse im wachsenden Online-Markt für Textilien mit eigenen Angeboten präsent bleiben, verlangte Schmidt. Ein Verzicht auf dieses Sortiment werde auch für sinkende Besucherzahlen auf der Onlineseite führen, was sicherlich nicht im Sinne des US-Investors Sun Capital sein könne, der Neckermann aus dem untergegangenen Arcandor-Reich gekauft hatte. Das Management hatte hingegen angekündigt, das Kataloggeschäft und den Textilbereich aufzugeben und künftig stärker auf Technik und Möbel zu setzen.
Betriebsrat befürchtet "soziale Katastrophe"
Der bisherige Sanierungsplan sei zu radikal und führe zu einer sozialen Katastrophe, so Schmidt, der auch Arbeitnehmervertreter im Neckermann-Aufsichtsrat ist. Neckermann hatte Ende April bekanntgegeben, von den gut 2500 Stellen 1380 zu streichen. Betroffen soll vor allem der Stammsitz Frankfurt sein, wo allein die Schließung der gesamten Logistik 800 Arbeitsplätze kosten soll.
Zwar gehört das Unternehmen zu den drei größten Online-Versendern in Deutschland und macht 80 Prozent seines Umsatzes im Internet - schleppt aber derzeit noch als Bremsklotz das schwächelnde Kataloggeschäft mit sich. Während der profitable E-Commerce zweistellig zulegt, ist das Katalog-Geschäft im Sinkflug. Im ersten Quartal 2012 lag der Umsatzrückgang bei 50 Prozent.