Regierungserklärung Merkels vor dem EU-Gipfel "Der Euro ist Bindeglied der Union"
In ihrer Regierungserklärung hat sich Kanzlerin Merkel zum Euro und dem geplanten Rettungsschirm bekannt. Deutschland profitiere von der Gemeinschaftwährung wie kaum eine andere Region, sagte sie. Allerdings hofft sie, die Auszahlung des deutschen Anteils am Rettungsschirm strecken zu können.
Bundeskanzlerin Angela Merkel bremst beim Aufbau des neuen Euro-Rettungsschirms. Sie werde darauf dringen, dass der Ausbau des Kapitalstocks von 2013 an auf fünf Jahre verteilt werde, sagte Merkel in einer Regierungserklärung vor dem Bundestag, unmittelbar vor dem entscheidenden EU-Gipfel in Brüssel.
Entsprechende Nachverhandlungen der am Montag getroffenen Beschlüsse waren unter anderem von FDP-Generalsekretär und Außenminister Westerwelle gefordert worden.
Stabilität, Wettbewerbsfähigkeit und Eigenverantwortung
Merkel nannte drei Ziele, die mit dem neuen Pakt verbunden seien. Erstens gehe es darum, mehr Stabilität und Solidität herzustellen. Dafür würden strengere Vorgaben eingeführt, deren Einhaltung scharf überwacht werde. Merkel verwies zudem auf die neuen Vertragsbestimmungen, nach denen Hilfe beispielsweise nur gezahlt wird, wenn dies unabdingbar ist, um die Stabilität des Euro zu wahren. Wichtig sei auch ein einstimmiger Beschluss in der EU.
Zweitens nannte Merkel die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. Alle Euro-Staaten müssten mehr tun, um wettbewerbsfähiger zu werden, das schließe auch Deutschland mit ein, sagte sie und sicherte dem Parlament gleichzeitig eine ausführliche Mitwirkung zu. Drittens müsse es um ein "ausgewogenes Verhältnis von Eigenverantwortung und Solidarität" gehen, sagte Merkel. Betroffene Euro-Mitgliederstaaten müssten sich zudem zu harten Einschnitten verpflichten.
Erneutes Bekenntnis zum Euro
Der Euro sei ein Bindeglied in der Europäischen Union, betonte die Kanzlerin. An diesen Grundsätzen orientiere sich auch das neue Gesamtpaket zur Stärkung der Währungsunion. Mit dem Paket ziehe man die Lehren aus der Krise. Damit das, "was an Fehlern in der Vergangenheit passiert ist, nicht wieder passieren kann".
Deutschland profitiere vom Euro wie kaum eine andere Region, sagte Merkel weiter. "Der Euro sorgt für Arbeitsplätze, er sorgt für Wirtschaftswachstum, er sorgt für Steuereinnahmen in Deutschland", sagte sie. Die weltweite Finanzkrise hätte sich wohl noch gravierender ausgewirkt, wenn es den Euro nicht gegeben hätte.
Enttäuschung über portugiesisches Parlament
Merkel äußerte sich enttäuscht über die Ablehnung des von der portugiesischen Regierung vorgelegten Sparpakets durch das Parlament in Lissabon geäußert. Das Reformpaket der portugiesischen Regierung habe beim Eurogruppentreffen Mitte März die Zustimmung der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank gefunden, sagte Merkel. Bei dem Treffen sei Portugals Ministerpräsident Jose Sókrates die "Hochachtung" für seine Pläne ausgedrückt worden.
Kanzlern will keine Euro-Anleihen
Die vielfach geforderten Euro-Bonds - gemeinsame europäische Anleihen - lehnte Merkel erneut ab. Es werde mit ihrer schwarz-gelben Koalition keine Vergemeinschaftung von Schulden in Europa geben. Wer solche Forderungen erhebe, handele nicht im Interesse der deutschen Steuerzahler.
Steinbrück: Merkel hat Vertrauen verspielt
Der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück warf Merkel nach ihrer Regierungserklärung Wankelmütigkeit im Umgang mit der europäischen Schuldenkrise vor. Damit habe sie Vertrauen in Deutschland und Europa verspielt und Verunsicherung an den Märkten mitverursacht, sagte Steinbrück im Bundestag. "Sie haben es versäumt, den Märkten ein klares Signal zu geben", warf der SPD-Politiker der Kanzlerin vor. Die Märkte hätten nie gewusst, woran sie sind. "Insofern ist die Krise in Europa eine Führungs- und Glaubwürdigkeitskrise".
Die Richtigkeit des beim EU-Gipfel zur Abstimmung stehenden umfassenden Hilfepakets für die Gemeinschaftswährung stellte Steinbrück nicht in Abrede. "Dieses Paket ist notwendig, aber nicht hinreichend", urteilte er.
Unionsinterne Kritik an Merkels Eurokurs
Zuvor hatten verschiedene Unionspolitiker die Mitsprache des Bundestags bei konkreter Hilfe für Euro-Länder gefordert. "Wir brauchen eine Beteiligung des Parlaments bei haushaltsauswirkenden Beschlüssen", sagte der Chef des CSU-Mittelstandsflügels, Hans Michelbach. Der Vorsitzende des Mittelstandsflügels der Unionsfraktion, Michael Fuchs, sagte mit Blick auf die Beteiligung Deutschlands an der Euro-Rettung: "Die Regierung weiß, dass sie das Parlament braucht."