Grenzwerte für CO2-Ausstoß EU lässt Autobauern beim Klimaschutz mehr Spiel
Wenn die EU-Kommission heute ihr Strategiepapier zum Klimaschutz im Straßenverkehr vorlegt, wird die deutsche Autoindustrie nicht glücklich sein. Doch sie muss, dank eines Machtworts aus Berlin, die geforderte Reduzierung des CO2-Ausstoßes nicht mehr alleine bewerkstelligen.
Über mehrere Wochen hatte sich der Streit um das Thema Klimaschutz im Straßenverkehr in Brüssel hingezogen. Heute nun wird die EU-Kommission ihr Strategiepapier zur Reduzierung von Treibhausgas-Emissionen bis 2012 vorlegen. Zwar wird darin der von Umweltkommissar Stavros Dimas geforderte Grenzwert von maximal 120 Gramm Kohlendioxid (CO2) pro gefahrenem Kilometer weiter auftauchen.
Dennoch ist die Vorlage ein Teilerfolg für die Autoindustrie. Denn dank ihrer Lobbyarbeit wird ihnen nach einem kommissionsinternen Kompromiss nur eine Reduzierung auf 130 Gramm pro Kilometer abverlangt werden. Die fehlende Differenz von 10 Gramm soll durch die Beimischung von Biokraftstoffen und andere Technologien wie spritsparende Reifen erzielt werden. Zuletzt lagen die Emissionen in Europa bei durchschnittlich 161 Gramm.
Damit müsse das Klimaschutzziel nicht allein von den Autoherstellern erbracht werden, sagte der deutsche Industriekommissar Günter Verheugen am Dienstag in Brüssel: "Dieser 'integrierte Ansatz' ist der Versuch, Umweltschutz mit Wachstum und Arbeitsplätzen zu vereinen." Der ursprüngliche Vorschlag aus Brüssel war auf Protest der deutschen Autoindustrie gestoßen, die Verständnis bei Verheugen und Bundeskanzlerin Angela Merkel gefunden hatte. In einem Brief an die Kommission drohten die Konzernchefs mit dem Abbau von Arbeitsplätzen.
Kritiker sprechen von "faulem Kompromiss"
Grüne und Umweltverbände sprechen von einem faulen Kompromiss, nachdem die Selbstverpflichtung der europäischen Autobauer auf einen Grenzwert von 140 Gramm im Jahr 2008 allgemein bereits als gescheitert gilt. Der alternative Verkehrsclub Deutschland warnte die Regierung davor, "den falschen Argumenten der deutschen Autohersteller nachzugeben".
Verheugen wies den Vorwurf zurück, die Branche habe trotz der Selbstverpflichtung zur Senkung der CO2-Emissionen einseitig auf große Autos gesetzt. Die Hersteller seien den Wünschen der Verbraucher gefolgt, "und ihre Entscheidung war sehr klar: Sie bevorzugen größere Autos", sagte Verheugen.
Umwelt-Staatssekretär fordert Fünf-Liter-Auto
Der parlamentarische Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Michael Müller, forderte von den Autoherstellern hingegen drastische Senkungen beim Spritverbrauch von Autos. Sie müssten alle Kräfte darauf konzentrieren, "generell das Fünf-Liter-Auto mindestens zu bekommen", sagte der SPD-Politiker im ARD-Morgenmagazin. Halte der bisherige Trend bei, die Spriteinsparungen der Motoren durch immer höheres Gewicht der Autos wieder auszugleichen, werde es "ein böses Erwachen geben", warnte Müller.
Konkrete Richtlinie erst 2008
Bei dem Brüsseler Strategiepapier handelt es sich noch nicht um einen Gesetzesvorschlag, sondern nur um die Ankündigung eines solchen. Ein konkreter Richtlinienentwurf ist erst im Juni 2008 zu erwarten. Darin könnten dann auch differenzierte Vorgaben für einzelne Fahrzeugklassen enthalten sein, wie sie die Bundesregierung gefordert hat. Der Gesetzesvorschlag müsste dann noch vom Europaparlament und dem Rat der EU-Regierungen verabschiedet werden.