Debatte um Konjunkturprogramme "Arbeiten und den Mund halten"
Bestehende Fördermaßnahmen ausweiten oder doch lieber Steuern senken? In der Berliner Debatte um mögliche Konjunkturprogramme liegen die Meinungen weit auseinander. Wirtschaftsforscher drängen jedoch auf eine schnelle Einigung. Das Maßnahmenpaket müsse noch vor Weihnachten stehen.
In der Berliner Regierungskoalition ist ein Streit über Art und Umfang der Hilfen zur Ankurbelung der Wirtschaft entbrannt. Nachdem Bundesfinanzminister Peer Steinbrück sich für das Vorziehen der geplanten steuerlichen Absetzbarkeit der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ausgesprochen hatte, fordern Abgeordnete von SPD und CDU angesichts des Konjunktureinbruchs vor allem schnelle Entscheidungen zur Sicherung von Arbeitsplätzen.
"Neue Impulse für das Handwerk"
"Die Stabilisierung des Arbeitsmarktes ist das Wichtigste, was wir im Augenblick in Berlin zu tun haben", sagte der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering beim Landesparteitag der SPD Sachsen-Anhalts. Eine Möglichkeit sieht er in der stärkeren Förderung der ökologischen Gebäudesanierung. Dies könne neue Impulse für das Handwerk geben, so Müntefering.
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück lehnte öffentliche Ratschläge zur Rettung der Konjunktur indes strikt ab. "Es wäre gut, wenn die Politik jetzt arbeitet, verschiedene Maßnahmen prüft und so lange schlicht den Mund hält", sagte er der "Bild am Sonntag".
"Ökonomisch schwachsinnig"
Auch innerhalb der Union ist ein mögliches Konjunkturprogramm umstritten. Während Unions-Fraktionsvize Hans-Peter Friedrich (CSU) sich im ZDF für eine Senkung der KFZ-Steuer für abgasarme Neufahrzeuge aussprach, lehnte der CDU-Haushaltsexperte Steffen Kampeter alle Maßnahmen ab. Dies gelte auch für einzelne Branchen. Einen Wirtschaftszweig zu fördern und den anderen im Regen stehen zu lassen wäre "nicht nur ökonomisch schwachsinnig, sondern es wäre auch ungerecht", sagte Kampeter dem ZDF.
Der Direktor des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts, Thomas Straubhaar, forderte die Politik zu schnellen Entscheidungen auf. Die Maßnahmen zur Stützung der Konjunktur müssten noch vor dem Weihnachtsgeschäft stehen, sagte er in der "BZ am Sonntag". Steuersenkungen seien dabei besser als ein Konjunkturprogramm, das außer Mitnahmeeffekten nichts bringe. "Kein Mensch kauft wegen ein paar Euro Zuschuss Kühlschränke oder Autos, wenn er das nicht ohnehin vorhatte", so Straubhaar.
"Nachfolgende Generationen sollen blechen"
Finanzminister Steinbrück sprach sich indes nachdrücklich gegen Steuersenkungen zur Ankurbelung der Wirtschaft aus. Gegenüber der "Bild am Sonntag" warnte er: "Die meisten Forderungen nach einem Konjunkturprogramm heißen doch, dass mal wieder nachfolgende Generationen dafür blechen sollen."
Unterdessen nimmt das geplante Konjunkturpaket nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" Konturen an. Dabei setze die Regierung vor allem auf die Ausweitung bereits vorhandener Fördermaßnahmen, heißt es in dem Bericht. Eine Arbeitsgruppe der beteiligten Ministerien habe sich demnach darauf verständigt, das Gebäudesanierungsprogramm und das Infrastrukturprogramm der Staatsbank KfW massiv aufzustocken. Neue Programme solle es nicht geben.