EU weist Obama-Forderung nach mehr Staatshilfe zurück "Kein Wettbewerb ums größte Konjunkturprogramm"
US-Präsident Obama will neue Konjunkturhilfen - die EU mehr Regulierung: Vor dem G20-Treffen bahnt sich ein Streit über das weitere Vorgehen gegen die Krise an. Dabei liegen Frankreich, Deutschland und die EU-Kommission auf einer Linie, während Großbritannien mit der US-Forderung sympathisiert.
Die EU hat Forderungen von US-Präsident Barack Obama nach zusätzlichen Konjunkturprogrammen abgelehnt. Europa unternehme bereits enorme Anstrengungen und stütze die Nachfrage - anders als die USA - zusätzlich mit seinem gut ausgebauten sozialen Sicherheitssystem, erklärte EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso. Er pochte ebenso wie Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy darauf, dass bei dem Treffen der G20-Gruppe Anfang April in London die weltweite Reform der Finanzmarktregulierung im Vordergrund stehen müsse.
Sarkozy sagte nach einem Treffen mit Merkel in Berlin, es gehe jetzt nicht darum, noch mehr Geld zum Ankurbeln der Konjunktur auszugeben, "sondern Regulierungen zu finden, damit eine solche wirtschaftliche Katastrophe sich nicht wiederholt." Merkel ergänzte, sie sei optimistisch, dass auch der britische Premierminister Gordon Brown auf einer Linie mit Sarkozy und ihr liege. Auch für Bundesfinanzminister Peer Steinbrück muss jetzt vorrangig an der Transparenz und der Regulierung der Finanzmärkte gearbeitet werden. "Von dem kommenden Treffen der G20-Finanzminister muss nun das Signal ausgehen: Der im vergangenen November beschlossene Aktionsplan wird konsequent umgesetzt."
"Europa tut eine Menge"
US-Präsident Barack Obama hatte die wichtigsten Schwellen- und Industrieländer in der Gruppe der 20 (G20) dazu aufgerufen, konzertiert etwas dafür zu tun, dass das weltweite Wachstum wieder anspringt. Beim Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs der G20 am Wochenende in der Nähe von London wollen die USA für eine solche Initiative werben. Auch Großbritanniens Finanzminister Alistair Darling hatte dafür plädiert, die Nachfrage mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln weiter anzufachen. Die Finanzminister der Euro-Länder hatten sich bereits Anfang der Woche allerdings klar gegen zusätzliche Konjunkturspritzen ausgesprochen.
"Europa tut eine Menge. Es ist eine enorme Anstrengung, wie wir sie niemals zuvor in der Geschichte unternommen haben", sagte Kommissionspräsident Barroso dem "Handelsblatt". Die Programme müssten erstmal wirken können. Die EU stehe mit den USA nicht "im Wettbewerb um das größte Konjunkturprogramm".
Barroso verweist auf soziales Netz
Die EU beziffert die fiskalischen Impulse für die Wirtschaft auf 400 Milliarden Euro (511 Milliarden Dollar) oder 3,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Zu den Konjunkturprogrammen rechnet sie dabei steigende Ausgaben der Sozialversicherungssysteme und Steuerausfälle mit ein. Die US-Regierung mobilisiert 5,5 Prozent des BIP oder 787 Milliarden Dollar über Ausgabenprogramme und Steuersenkungen. "Im Vergleich zu den USA haben wir ein sehr anspruchsvolles soziales Sicherheitsnetz", sagte Barroso. Im übrigen habe die Krise ihren Ausgang in Amerika genommen. Deshalb komme es jetzt darauf an, dass die anderen Ländern den ehrgeizigen Plänen der Europäer zu einer Neuregulierung des Finanzsystems folgten. "Jetzt oder nie" sei der Zeitpunkt für neue weltweite Regeln.