Hohe Inflation Reallöhne sinken wie noch nie
Die anhaltend hohe Inflationsrate hat zur Folge, dass die Kaufkraft von Beschäftigten im Rekordtempo schwindet. Berücksichtigt man die starke Teuerung, sanken die Löhne und Gehälter in den Sommermonaten um knapp sechs Prozent.
Um 5,7 Prozent sind die Reallöhne in Deutschland in den Sommermonaten Juli bis September zurückgegangen. Das hat das Statistische Bundesamt heute bekanntgegeben. Es ist das größte Minus seit Beginn der Zeitreihe der Behörde im Jahr 2008.
Grund für die massiv schwindende Kaufkraft von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist die starke Teuerung. Weil die Preise deutlich schneller steigen als die Löhne, bleibt ihnen immer weniger "real" von ihren Löhnen und Gehältern übrig. Die Inflationsrate lag im Sommerquartal im Schnitt bei 8,4 Prozent.
Vier Quartale mit Kaufkraftschwund
Zwar wuchsen im Sommer die Bruttomonatsverdienste der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einschließlich Sonderzahlungen um durchschnittlich 2,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal. Doch nach Abzug der Teuerung errechnet sich ein realer Verdienstrückgang von 5,7 Prozent. "Damit mussten die Beschäftigten in Deutschland bereits im vierten Quartal in Folge einen Reallohnverlust hinnehmen", so das Statistische Bundesamt.
Laut den Statistikern sind Beschäftigte in Deutschland derzeit mit dem am längsten anhaltenden Reallohnrückgang konfrontiert. Denn bereits im zweiten Quartal 2022 waren die Reallöhne um 4,4 Prozent gesunken, im ersten Quartal um 1,8 Prozent. Und auch das letzte Quartal 2021 hatte einen realen Einkommensrückgang von 1,4 Prozent gebracht.
Vor allem die höheren Preise für Energie infolge des russischen Kriegs gegen die Ukraine haben die Inflation in Deutschland in den vergangenen Monaten deutlich angetrieben. Stark verteuert haben sich auch Lebensmittel und andere Produkte des täglichen Bedarfs.
Schwächt sich die Teuerung bald ab?
Der Trend zu deutlichem Kaufkraftverlust könnte sich in den kommenden Monaten aber zumindest leicht abschwächen. Einerseits könnte der Preisauftrieb für Energie dank staatlicher Eingriffe wie der Gaspreisbremse im kommenden Jahr nachlassen. Der Sachverständigenrat der Bundesregierung rechnet damit, dass die Inflationsrate leicht zurückgeht - von durchschnittlich 8,0 Prozent im zu Ende gehenden Jahr auf 7,4 Prozent 2023.
Außerdem können sich viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf deutliche Gehaltssteigerungen einstellen. Gewerkschaften in vielen Branchen versuchen, in Tarifverhandlungen kräftige Lohnsteigerungen durchzusetzen. Die rund 3,9 Millionen Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie etwa bekommen in zwei Schritten 8,5 Prozent mehr Geld sowie 3000 Euro Einmalzahlung netto.
Nicht zuletzt will auch die Europäische Zentralbank (EZB) verhindern, dass sich Preise und Löhne gegenseitig nach oben schaukeln und sich die Inflation damit verfestigt. Laut Aussagen von EZB-Präsidentin Christine Lagarde erwägt die Notenbank weitere Erhöhungen der Leitzinsen in der Eurozone, um die Inflation zu bekämpfen.