Fachkräftemangel IW-Chef Hüther fordert längere Arbeitszeiten
Statt einer Debatte über die Vier-Tage-Woche fordert IW-Chef Hüther, dass länger gearbeitet wird - nach dem Vorbild der Schweiz und Schwedens. Damit könne man auch dem Fachkräftemangel entgegenwirken.
Im Kampf gegen den Fachkräftemangel hat der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, längere Arbeitszeiten gefordert. "Wir müssen wieder mehr arbeiten - so wie es die Schweiz vormacht", sagte er der "Rheinischen Post".
In der Schweiz wie auch in Schweden würde in Vollzeit fast 300 Stunden pro Jahr mehr gearbeitet als in Deutschland. Die Arbeitszeit nach dem Vorbild dieser Länder auszuweiten, könne über die Wochenarbeitszeit oder andere Urlaubsregelungen gehen, so Hüther. Das sei in Zeiten höherer Arbeitszeit- und Arbeitsortsouveränität durchaus vermittelbar.
Hüther: Zuwanderung löst das Problem nicht
Die Forderung anderer Wirtschaftsexperten nach bis 1,5 Millionen Zuwanderern jährlich teilt Hüther nicht: "Eine Million Zuwanderer sind zu viel und würden die Integrationskosten gewaltig in die Höhe treiben." Bereits in diesem Jahr würden 4,2 Milliarden Arbeitsstunden pro Jahr fehlen. "Die werden wir nicht mit Zuwanderung bekommen."
Ohne eine Verlängerung der Arbeitszeit wären in den nächsten Jahren bestenfalls Wachstumsraten von 0,5 bis 0,75 Prozent möglich bei drei bis dreieinhalb Prozent Inflation. "Das wäre das Szenario einer dauerhaften Stagflation, die niemand haben will." Von Stagflation sprechen Experten, wenn die Wirtschaft nicht oder kaum wächst, die Inflation aber zunimmt.
Fachkräftemangel auf Rekordhoch
Nach einer Studie des IW vom April hatte sich der Fachkräftemangel in Deutschland im vergangenen Jahr verschärft und ein Rekordhoch erreicht. 2022 konnten bundesweit mehr als 630.000 offene Stellen für Fachkräfte nicht besetzt werden, weil Arbeitssuchende nicht die benötigten Qualifikationen hatten.
Das hatte das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (Kofa) des IW ermittelt. Es sei der größte Fachkräftemangel seit 2010 und vor allem in den Bereichen Gesundheit, Soziales, Lehre und Erziehung sowie im Bereich Bau, Architektur Vermessung und Gebäudetechnik spürbar.