Treffen von Regierung und DAX-Konzernen zu Jobgarantien Eine Beruhigungspille gegen die Krise
Die DAX-Konzerne haben Arbeitsminister Scholz zugesichert, in diesem Jahr möglichst auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. Eine Jobgarantie gaben sie nicht ab. In vielen Firmen gilt zwar längst ein Kündigungsschutz. Stellen werden trotzdem gestrichen. Ein Überblick.
Von David Rose, tagesschau.de
Das Signal der Zuversicht inmitten der Rezession ist schwächer ausgefallen als erhofft. Die Bundesregierung wünschte sich die Botschaft, dass Arbeitsplätze trotz der Wirtschaftskrise sicher sind. Bundesarbeitsminister Olaf Scholz wollte deshalb den DAX-Konzernen bei einem Treffen die Zusage abringen, in diesem Jahr auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. Die Personalvorstände sicherten jedoch lediglich zu, Entlassungen so weit wie möglich vermeiden zu wollen.
900.000 Jobs sind schon sicher
Die 30 DAX-Konzerne beschäftigen weltweit 3,7 Millionen Mitarbeiter, davon fast 1,7 Millionen in Deutschland. Diese Jobs für 2009 zu garantieren, wäre für die meisten Unternehmen nur ein symbolischer Akt. Denn in jedem dritten DAX-Konzern gelten schon Vereinbarungen, die mindestens bis Ende 2009 betriebsbedingte Kündigungen der Stammbelegschaft ausschließen. Rund 900.000 Stellen in Deutschland sind dadurch gesichert.
Von den übrigen 20 Konzernen plant offiziell keiner in diesem Jahr betriebsbedingte Kündigungen. Die Deutsche Börse will sogar neue Arbeitsplätze schaffen. Doch BASF-Chef Jürgen Hambrecht stellte angesichts der Rezession klar: "In solch einem Umbruch kann es industrieweit keine Garantie auf den Verzicht betriebsbedingter Kündigungen geben."
Garantien in zehn DAX-Konzernen
Große Arbeitgeber unter den DAX-Konzernen gaben aber solche Garantien längst ab. Bei BMW schützt ein Sicherungsvertrag die Mitarbeiter bis 2014 vor betriebsbedingten Kündigungen. Das Daimler-Stammpersonal profitiert bis 2012 von der Beschäftigungsgarantie durch eine Betriebsvereinbarung, für Volkswagen gilt dasselbe bis Ende 2011 dank eines mit der IG Metall ausgehandelten Haustarifvertrags. Die Deutsche Post hat sich durch den Tarifvertrag mit der Gewerkschaft ver.di bis Mitte 2011 zum Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen verpflichtet.
Die Energiekonzerne RWE und E.ON dürfen bis 2012 keine Mitarbeiter wegen wirtschaftlicher Probleme entlassen. Beim Versicherungskonzern Allianz sowie bei Bayer gelten bis Ende 2009 Betriebsvereinbarungen, die vor betriebsbedingten Kündigungen schützen. Der Lastwagenhersteller MAN sieht für Standorte wie München und Oberhausen in Vereinbarungen mit den Betriebsräten eine befristete Jobgarantie bis mindestens Ende 2009 vor.
Auch die meisten Beschäftigten der Deutschen Telekom müssen nicht um ihren Arbeitsplatz fürchten. Das 2007 in Servicegesellschaften ausgelagerte Personal profitiert von einem Kündigungsschutz bis 2012. Für die Belegschaft in der Konzernzentrale sind betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2009 ausgeschlossen. Für beide Gruppen stehen Tarifverhandlungen bevor. Ein Konzernsprecher stellte gegenüber tagesschau.de für den Fall eines moderaten Abschlusses eine Verlängerung des Kündigungsschutzes in Aussicht.
Personalabbau ohne betriebsbedingte Kündigungen
Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen und Absichtserklärungen verhindern jedoch nicht, dass sich die Zahl der Stellen in vielen Firmen deutlich verringert wird. Einige Konzerne erklärten sich sogar nur zum Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen bereit, damit Arbeitnehmervertreter Sparmaßnahmen zustimmten. Siemens-Chef Peter Löscher brachte zwar beim Konjunkturgipfel im Kanzleramt die Jobgarantien ins Gespräch. Der von ihm geleitete Konzernvorstand beschloss aber im vergangenen Jahr den Abbau von 5250 Stellen allein in Deutschland und einigte sich später mit dem Betriebsrat darauf, diese Einschnitte ohne betriebsbedingte Kündigungen zu organisieren.
RWE gab bekannt, trotz des geltenden Kündigungsschutzes die Mitarbeiterzahl um 1800 senken zu wollen. BMW meldete im Herbst, dass der Abbau von 8000 Stellen planmäßig vorankomme. Am 30. September lag die Zahl der Mitarbeiter bereits um rund 4000 unter dem Vorjahreswert. 6500 Arbeitsplätze in Deutschland will die Commerzbank nach der Übernahme der Dresdner Bank streichen und Henkel startete im Frühjahr 2008 ein Sparprogramm, das den Abbau von bis zu 3000 Stellen vorsieht.
Trennung von Leiharbeitern, freiwilliges Ausscheiden
Einige Konzerne trennten sich bereits von Leiharbeitern, für die Jobgarantien nicht gelten. Aber auch auslaufende Zeitverträge oder ein freiwilliges Ausscheiden der Beschäftigten tragen zum Personalabbau bei. Unternehmen wie Lufthansa, Adidas oder SAP beschlossen zudem 2008 einen Einstellungsstopp.
Aus Sicht des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) wäre ein Verzicht der DAX-Konzerne auf betriebsbedingte Kündigungen dennoch ein wichtiger Schritt. Ein solches Signal sei vonnöten, "um den Menschen ein Stück Rückhalt zu geben", sagte DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki tagesschau.de. Dies sorge nicht nur für Zuversicht, sondern sei auch der richtige Weg, um den Konsum anzukurbeln.