Finanzmarkt-Richtlinie Mifid EU verabschiedet Anti-Zocker-Regeln
Ob Hochfrequenzhandel oder Spekulation mit Nahrungsmitteln - an den Finanzmärkten gibt es viele fragwürdige Phänomene. Mit der neuen Finanzmarktrichtlinie Mifid will das EU-Parlament die Zockerei nun eindämmen.
Kein Finanzprodukt, kein Handelsplatz ohne strenge Regeln und Kontrollen - das war das Ziel der 20 größten Wirtschaftsnationen G20 nach dem weltweiten Crash im Jahr 2008. Mit der Verabschiedung der Finanzmarktrichtlinie Mifid ist Europa diesem Ziel nun einen großen Schritt näher gekommen.
"Ich halte es für einen großen Erfolg, dass künftig alle bislang unregulierten Handelsplätze in Europa beaufsichtigt werden", sagt Markus Ferber, Europaabgeordneter von der CSU. Viele Geschäftsmodelle, die Banken in den letzten Jahren entwickelt hätten, würden damit in einen kontrollierten Bereich übertragen. "Das stärkt den Verbraucherschutz, das stärkt aber auch die Sicherheit der Systeme, und es schützt den Steuerzahler."
Entschleunigung des Handels
Ferber hat die neuen Finanzmarktregeln für das EU-Parlament ausgehandelt. Ergebnis: In Zukunft gibt es klare Grenzen für den sogenannten Hochfrequenzhandel, bei dem Finanzprodukte in Sekundenbruchteilen gekauft und wieder verkauft werden. „Bei jedem Wertpapier wird künftig eine Mindesthandelsgröße definiert, in der Handelssprünge stattfinden dürfen. Das wird zu einer Entschleunigung des Hochfrequenzhandels beitragen“, sagt Ferber.
In Extremsituationen, in denen die Preise mancher Wertpapiere völlig verrückt spielen, soll es sogar möglich sein, den Hochfrequenzhandel ganz zu stoppen. Und: Die Aufseher wollen eine Art TÜV für die Hochleistungsrechner einführen. "In Zukunft müssen Algorithmen, also praktisch Computerprogramme, die den Handel steuern, in der Praxis getestet werden. Große Crashs, wie sie in der Vergangenheit mit ungetesteten Formeln und Programmen passiert sind, wird es so dann nicht mehr geben", sagt der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold.
Nahrung soll kein Spekulationsobjekt sein
Wichtiger ist Giegold aber etwas anderes - nämlich die Grenzen für die Spekulation mit Nahrungsmittelpreisen, die durch Mifid gesetzt werden. Das Geschäft mit dem Hunger werde so deutlich eingedämmt. "In Europa wird es keine grenzenlose Spekulation mehr geben in diesem Bereich. Stattdessen setzen wir harte Limits, wie viel Finanzkapital in Mais, Weizen und andere Nahrungsmittel investieren werden darf."
Die europäische Wertpapieraufsichtsbehörde wird in Zukunft sogenannte Positionslimits für Lebensmittelspekulationen festlegen. Betroffen sind aber nur die reinen Finanzhändler, denen es allein auf den Reibach ankommt. Landwirte und normale Unternehmen sollen sich dagegen weiter gegen Preisschwankungen absichern können.
Provisionen müssen transparent sein, bleiben aber erlaubt
Außerdem kann die Aufsichtsbehörde Finanzprodukte künftig ganz vom Markt nehmen, wenn sie zu riskant für die Anleger sind. "Das wird hoffentlich erzieherisch auf die Produktentwickler in den Banken wirken. Denn nicht jeder Blödsinn, der möglich ist, soll dem Kunden auch verkauft werden."
Die Anbieter müssen die Kunden in Zukunft über bisher versteckte Kosten einer Geldanlage informieren - und zum Beispiel die Provisionen offenlegen. Und sie müssen definieren, auf welchen Anlegertyp ein Finanzprodukt zugeschnitten ist. Den grundsätzlichen Schwenk zu einer honorarbasierten Beratung hat die EU dagegen nicht gemacht. Die neuen Regeln werden 2017 in Kraft treten.