G20 einigen sich auf Messverfahren für Volkswirtschaften "Ein Beschluss, der umsetzungsorientiert ist..."
Die G20-Mitglieder haben sich auf Kriterien geeinigt, mit denen künftig die Ungleichgewichte zwischen den Wirtschaftsnationen gemessen werden sollen. Die französische Finanzministerin Lagarde äußerte sich "sehr zufrieden". In einem zentralen Punkt aber setzte sich China gegen die anderen Mitglieder durch.
Von Wolfgang Landmesser, WDR-Hörfunkstudio Brüssel
Die Unterhändler haben die ganze Nacht durchgearbeitet, und auch die Finanzminister mussten intensiv verhandeln, doch mit dem Ergebnis war die Gastgeberin am Ende zufrieden: "Es war nicht einfach, aber unsere Positionen haben sich angenähert und wir haben jetzt einen Beschluss, der umsetzungsorientiert ist", so Frankreichs Finanzministerin Christine Lagarde.
Umstritten war bis zuletzt, wie in Zukunft wirtschaftliche Ungleichgewichte gemessen werden sollen. China bremste bei wesentlichen Stellgröße. So passte es den Chinesen nicht, dass die Wechselkurse ein Kriterium sein sollen, um Exportüberschüsse zu bewerten. Exportweltmeister China hält den Yuan künstlich schwach, um seine Ausfuhren in Schwung zu halten. Am Ende findet sich auch der Wechselkurs unter den jetzt vereinbarten Kriterien. Ebenso wie die Staatsverschuldung, die private Sparquote und die Handelsbilanz zusammen mit dem Saldo der Investitionen
Ein umstrittener Indikator findet sich aber nicht im Kompromiss wieder: die Währungsreserven eines Landes. China hat Reserven in Höhe von sagenhaften 2,8 Billionen Dollar gehortet. Sie gelten als großes Risiko für das internationale Währungssystem.
Berlin zufrieden
Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte sich für die Indikatoren stark gemacht, lange mit seinem chinesischen Kollegen verhandelt und sieht im Kompromiss eine gute Ausgangsbasis: "Dem Export-Vizeweltmeister Deutschland war wichtig, dass keine Obergrenzen für Exportüberschüsse festgeschrieben werden. Die französische Präsidentschaft will erreichen, dass die Länder bei großen Abweichungen von den beschlossenen Indikatoren konkret handeln müssen. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg."
Auch gegen die großen Wechselkursschwankungen wollen die Franzosen vorgehen. Darüber waren sich die 20 Finanzminister grundsätzlich einig. Aber wie das erreicht werden soll, ist noch unklar. Bis zum nächsten Treffen im April soll der Internationale Währungsfonds erst mal einen Bericht ausarbeiten.
Außerdem sagten die Franzosen der Spekulation auf den Rohstoffmärkten den Kampf an. Auch ein Feld, wo noch viel Arbeit vor den G20 liegt. "Es gab eine große Übereinkunft unter den Industrie- und den Schwellenländern, dass wir viel mehr Transparenz bei den Rohstoffvorräten brauchen", sagte Finanzministerin Lagarde.
Entsprechende Informationen sollen jetzt gesammelt werden. Aber die Diskussion darüber, wie sich die Spekulanten bremsen lassen, ist erst einmal vertagt. Bilanz gezogen wird am Ende des Jahres: Auf ihrem Gipfel in Cannes im November werden die Staats- und Regierungschefs beschließen, was die Finanzminister auf den Weg gebracht haben - oder auch nicht.
Die "Gruppe der 20" wurde 1999 ins Leben gerufen, um die Kooperation in Fragen des internationalen Finanzsystems zu verbessern. Zunächst trafen sich die G20-Staaten ausschließlich auf Ebene der Finanzminister, erst 2008 kamen erstmals die Staats- und Regierungschefs zu einem Gipfel zusammen.
Der G20 gehören alle Mitglieder der Gruppe der sieben wichtigsten Industriestaaten (G7) an: USA, Japan, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Kanada. Hinzu kommen Russland und China sowie die großen Schwellenländer Indien, Brasilien, Mexiko und Südafrika; außerdem Argentinien, Australien, Indonesien, Saudi-Arabien, Südkorea, die Türkei und die Europäische Union.