Schnelle Griechenland-Hilfe Opposition macht Weg frei für Eilverfahren
Die Verabschiedung deutscher Finanzhilfen für Griechenland bereits in der kommenden Woche im Bundestag ist gesichert. Die Opposition will den Beschluss über das geplante Milliarden-Paket nicht blockieren. Bundespräsident Köhler und Bundeskanzlerin Merkel warben für Finanzhilfen aus Deutschland.
Bei der Gewährung von Notkrediten für Griechenland kann die Bundesregierung vorerst auf die Unterstützung der Opposition setzen. SPD, Linkspartei und Grüne erklärten, keine Einwände gegen eine verkürzte Beratungsfrist für das geplante Gesetz im Parlament zu erheben. Ihre Zustimmung zu den Hilfen selbst will die Opposition aber von der Erfüllung von konkreten Bedingungen durch die Bundesregierung abhängig machen.
Angesichts des Ernstes der Lage solle ein Streit um das Verfahren vermieden werden, sagte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Die Regierung sei bei diesem wichtigen Thema zu spät gestartet und habe wertvolle Zeit verstreichen lassen.
Auch nach Ansicht von Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin hat Kanzlerin Angela Merkel durch ihr Zögern und Zaudern Spekulationen angeheizt und die Krise vergrößert. "Weiteres Warten können wir uns nicht leisten."
Für die Linkspartei erklärte ihre Parlamentarische Geschäftsführerin Dagmar Enkelmann, der Fristverzicht bedeute kein automatisches Ja zum Gesetz. Voraussetzung dafür sei eine wirksame Bankenabgabe und eine Börsenumsatzsteuer. Eine Wiederholung der Fehler aus der Bankenrettung, wo den Finanzkonzernen ein Freibrief ausgestellt worden sei, dürfe es nicht geben.
Bundesrat signalisiert Zustimmung
Die Bundesländer werden eine formale Entscheidung über ein Eilverfahren am kommenden Mittwoch fällen. Wolfgang Reinhart, Minister für Bundesratsangelegenheiten aus Baden-Württemberg, deutete an, dass mit Zustimmung zu rechnen sei.
Kein Eilverfahren ohne die Opposition
Damit wäre der Weg frei für eine Beschlussfassung in Bundestag und Bundesrat in einem beschleunigten Verfahren. Der Verkürzung der Fristen müssen alle Fraktionen sowie die Bundesländer zustimmen. Das Bundeskabinett will bereits am Montag einen Gesetzentwurf beschließen. Dieser soll dann in zweiter und dritter Lesung vom Bundestag und am 7. Mai vom Bundesrat verabschiedet werden. Das Gesetz ist erforderlich, um den Ermächtigungsrahmen der staatlichen KfW-Bank zu erweitern, über die die Notkredite von mindestens 8,4 Milliarden Euro ausgezahlt werden sollen.
SPD erwartet Vorschläge der Bundesregierung
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble lehnt den Wunsch nach einer Beteiligung privater Banken derzeit ab. Steinmeier sagte dazu, er wisse nur, dass es in der Bundesregierung zu diesem Thema "ganz unterschiedliche Haltungen" gebe. Wie die Entscheidung der SPD letztlich ausfalle, "hängt vom Vorschlag der Bundesregierung ab". Dazu gehöre auch, dass die Bundesregierung die Regulierung der Finanzmärkte aktiv vorantreiben müsse.
Steinmeier sprach von einer der wohl wichtigsten Entscheidungen, die das Parlament in der kommenden Woche fällen müsse. Zugleich erhob er schwere Vorwürfe gegen die Bundesregierung. Die Lage sei auch deshalb so dramatisch geworden, weil sich Union und FDP zu lange zurückgehalten hätten.
Köhler: Eurogruppe und Finanzmärkte reformbedürftig
Bundespräsident Horst Köhler mahnte politische und gesellschaftliche Konsequenzen aus der Griechenland-Krise an. "Alle Mitglieder der Euro-Gruppe und die Europäische Kommission müssen aus der Krise lernen", forderte Köhler. Die EU brauche "eine bessere Koordinierung der nationalen Wirtschafts- und Finanzpolitiken und einen wirksamen Mechanismus, Fehlentwicklungen in Mitgliedstaaten rechtzeitig und nachhaltig entgegenzuwirken". Köhler plädierte für eine rigorosere Regulierung der Finanzmärkte."Die Politik muss ihr Primat über die Finanzmärkte zurückgewinnen", sagte er. Der Finanzindustrie warf er Verantwortungslosigkeit vor.
Köhler warb für deutsche Finanzhilfen: "Deutschland sollte auch aus eigenem Interesse seinen Beitrag zur Stabilisierung leisten." Ähnlich äußerte sich erneut Bundeskanzlerin Angela Merkel. "Es gibt keine vernünftige Alternative zu diesem Weg", sagte sie.
EZB-Präsident Jean-Claude Trichet sagte, er gehe von einem erfolgreichen Abschluss der Gespräche in Athen aus. Er forderte Deutschland auf, nach dem Ende der Krise bei nötigen Reformen der Währungsunion eine zentrale Rolle zu spielen.
Schäuble: "Wir handeln im eigenen Interesse"
Finanzminister Schäuble verteidigte die Kredite für Griechenland: Die Eurozone als Ganzes werde dadurch stabilisiert, sagte er im Interview mit den Tagesthemen. Insofern handele die Bundesregierung auch im Interesse Deutschlands.
Wie hoch genau Griechenlands Finanzbedarf sein wird, wollte der Minister nicht beziffern: Das wisse derzeit niemand genau, so Schäuble, "weil im Augenblick diese genaue Zahl in den Gesprächen und Verhandlungen zwischen dem Internationalen Währungsfonds und der Europäischen Zentralbank und der EU-Kommission mit der griechischen Regierung ausgehandelt wird".
Angeblich höherer Finanzbedarf
Zuletzt wurde bekannt, dass Griechenland zur Abwehr einer Staatspleite in den nächsten Jahren vermutlich deutlich mehr Geld braucht als bisher angenommen. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle sprach in Brasilien von insgesamt 135 Milliarden Euro Finanzierungsbedarf bis 2012. Die Opposition spracht sogar von einem Bedarf von bis zu 120 Milliarden Euro.