Nach der Regierungsbildung in Athen Griechen wollen mehr Zeit zum Sparen
Während der neue griechische Ministerpräsident Samaras heute sein Kabinett vorstellt, treffen sich die Euro-Finanzminister bereits in Luxemburg, um über die weitere Marschroute zu beraten. Ein Kassensturz steht an. Die Griechen bitten um mehr Zeit bei der Umsetzung der Sparvorhaben.
Vier Tage nach der Parlamentswahl wird der neue griechische Ministerpräsident Antonis Samaras heute sein Kabinett vorstellen. Die Regierungsmannschaft wird sich wahrscheinlich aus Mitgliedern seiner konservativen Partei Nea Dimokratia und Fachleuten zusammensetzen. Die beiden kleineren Bündnispartner, die sozialistische PASOK und die Demokratische Linke (Dimar), haben angekündigt, die Regierung zwar aktiv zu unterstützen, aber keine Parteimitglieder ins Kabinett entsenden zu wollen.
Ein Ministerium ist offenbar bereits vergeben, angeblich soll der Top-Banker Vasilios Rapanos künftig das Finanzressort leiten. Der Chef der größten privaten griechischen Bank, National Bank of Greece, werde bereits heute am Treffen der Eurogruppe in Luxemburg teilnehmen, hieß es.
Samaras hatte sich am Mittwoch mit PASOK-Chef Evangelos Venizelos und dem Vorsitzenden der Demokratischen Linken, Fotis Kouvelis, auf die Bildung einer Koalitionsregierung verständigt. Gleich darauf wurde der 61-Jährige als Ministerpräsident vereidigt. Die Koalitionäre wollen an dem mit den internationalen Geldgebern vereinbarten Spar- und Reformkurs grundsätzlich festhalten, zugleich aber Lockerungen bei der Umsetzung erreichen. So sollen die Sparauflagen um zwei Jahre gestreckt werden.
Für Griechenland war es nach der zweiten Parlamentsneuwahl binnen sechs Wochen höchste Zeit, dass eine Regierung zustande kommt. Das von der Staatspleite bedrohte Land braucht dringend Geld. Die Kassen sind leer, und das wenige Geld reicht nur noch bis Mitte Juli. Die erste große Kraftprobe werde der Regierung beim EU-Gipfeltreffen Ende Juni bevorstehen, erklärte Venizelos.
Treffen der Euro-Finanzminister
Die Euro-Finanzminister treffen sich bereits heute in Luxemburg, um über die nächsten Schritte zur Griechenland-Rettung zu beraten. Es ist noch nicht entschieden, ob Griechenland mehr Zeit zum Erfüllen seiner Sparvorgaben bekommt. Als erste Maßnahme nach dem lähmenden Wahlkampf wird ein neuer Auftrag für die Troika-Experten zu einem Kassensturz in Athen erwartet. Durch den wochenlangen politischen Stillstand ohne Regierung ist Griechenland bei der Umsetzung von Reformen und dem Verkauf von Staatsbesitz "Monate hinter den Zeitplänen", sagte ein Sprecher.
Bundesregierung legt Marschroute nach Troika-Bericht fest
Die Bundesregierung will erst nach einem neuen Bericht der Troika aus Europäischer Union (EU), Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) über ihre weitere Marschroute entscheiden. Außenminister Guido Westerwelle sprach sich gegen Abstriche aus. "Es muss bei der Umsetzung des Reformprogramms bleiben, ohne Rabatte. Deshalb ist es sehr positiv, dass die Griechen eine parlamentarische Mehrheit gewählt haben, die sich vorher zur Umsetzung dieses proeuropäischen Reformkurses bekannt hat", sagte er den "Ruhr Nachrichten".
Gabriel: Griechen mehr Zeit geben
Dagegen sieht der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel durchaus Spielraum: "In der Substanz können wir den Griechen keinen Rabatt geben, aber wir werden ihnen mehr Zeit geben müssen", sagte er der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung".
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte dem "Handelsblatt": "Wenn in Athen eine Koalition derjenigen Kräfte zusammenkommt, die sich an die europäischen Vereinbarungen gebunden fühlen und den vereinbarten Reformkurs umsetzen, wird Europa nicht jedem Gespräch über die Umsetzungszeiten ausweichen können."