Auf Kompromisssuche im Schuldenstreit Strecken statt schneiden
Eine Lösung ist noch lange nicht in Sicht. Aber immerhin gehen Griechenland und die EU im Schuldenstreit aufeinander zu. Nachdem Athen von seinen Maximalforderungen abrückte, sagte EU-Kommissionpräsident Juncker, auch Brüssel werde seine Politik anpassen.
Griechenland und die EU gehen im Streit um die hellenischen Schulden aufeinander zu. Nachdem Athens Finanzminister Yanis Varoufakis erstmals von der Forderung eines harten Schuldenschnitts abrückte, zeigte sich auch Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker kompromissbereit. Brüssel werde zwar "nicht alles ändern", aber seine Politik doch in einigen Punkten anpassen, sagte der Luxemburger.
Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich derweil verhalten zur neuerlichen griechischen Volte: "Ich möchte jetzt nicht alles kommentieren", sagte die CDU-Chefin. Die Regierung in Athen arbeite noch an ihrer Position, was nach wenigen Tagen im Amt verständlich sei.
Varoufakis hatte in einem am Montagabend veröffentlichten Interview der "Financial Times" gesagt, seine Regierung werde nicht auf einem Schuldenerlass beharren. Stattdessen solle die Belastung über verschiedene Umschuldungsarten tragbar gemacht werden. Dazu gehörten ans Wirtschaftswachstum gekoppelte Anleihen sowie Anleihen mit unbegrenzter Laufzeit. Damit vermeide man den Begriff des "Schuldenschnitts", der in Ländern wie Deutschland politisch inakzeptabel sei, sagte Varoufakis.
So schnell, wie die Aktien einbrachen, erholen sie sich jetzt
Investoren reagierten erleichtert auf die Entspannungssignale. Der griechische Aktienindex legte bis zum Nachmittag um mehr als elf Prozent zu. Die Anteilsscheine der großen Banken stiegen sogar noch deutlicher. So kletterten die Anteilsscheine der National Bank of Greece um bis zu 21 Prozent - und lagen damit um 45 Prozent über ihrem Tiefswert vergangene Woche.
Der Grund für die extremen Ausschläge: Die griechischen Banken könnten Ende des Monats in Liquiditätsprobleme geraten. Dann nämlich läuft die aktuelle Hilfeprogramm aus - und damit auch der quasi unbegrenzte Zugang der Banken zu EZB-Geld. Aus Angst vor diesem Szenario waren die Aktien der Geldinstitute vergangene Woche um 40 Prozent eingekracht.
Geld gäbe es erst, wenn es den Griechen wieder besser geht
Im Ergebnis laufen die Vorschläge darauf hinaus, dass Griechenland erst dann wieder Zinsen zahlt und Schulden abträgt, wenn es dem Land deutlich besser geht - es geht also darum, die Schulden zu strecken, statt sie zu erlassen. Im Gegenzug versprach Varoufakis, einen sogenannten Primäüberschuss von 1,0 bis 1,5 Prozent anzustreben - selbst auf die Gefahr hin, nicht alle Wahlversprechen einlösen zu können. Primärüberschuss heißt, dass es ein Haushaltsplus gibt, wenn Zinsen und Tilgung aus dem Etat herausgerechnet werden.
Bis Ende des Monats werde man die genauen Vorschläge den EU-Partnern vorlegen, kündigte Varoufakis an. Er werde den Partnerstaaten sagen: "Helft uns bei der Reform unseres Landes und gebt uns dazu etwas finanziellen Spielraum, sonst werden wir weiter ersticken und ein deformiertes statt ein reformiertes Griechenland werden."
Varoufakis' zweite Idee sind sogenannte Ewigkeitsanleihen. Sie werden zwar regelmäßíg verzinst, aber - so ist zumindest die Grundidee - niemals zurückgezahlt. Üblicherweise enthalten Ewigkeitsanleihen jedoch Klauseln, die es dem Emittenten erlauben, die Anleihe nach einer bestimmten Zeit doch zurückzuzahlen. Der Vorteil: Er spart sich die "ewigen" Zinsen.