EU-Expertentreffen zu "Google Books" Dauerstreit ums Copyright
Digitalisierung aller Bücher dieser Welt? Nichts weniger hat sich der Internet-Gigant Google vorgenommen. Das allerdings hat Folgen, vor allem dann, wenn die Texte urheberrechtlich geschützt sind. Jetzt steht das Thema auf der Agenda der EU-Kommission in Brüssel - aber die Debatte dürfte dauern.
Von Christoph Prössl, NDR-Hörfunkkorrespondent Brüssel
Patrick Bazin musste über Monate hinweg viel Prügel einstecken. Denn der Direktor der Bibliothek im französischen Lyon hat im vergangenen Jahr eine Vereinbarung mit Google getroffen: Der Internetgigant darf 500.000 Bücher aus dem 15. bis 19. Jahrhundert für die Google-Bibliothek einscannen.
Gegner befürchten dadurch eine Übermacht des US-Unternehmens, eine Monopolisierung, den Ausverkauf des Kulturgutes. Doch immer öfter wird Bazin gefragt, wie er das gemacht hat. Denn der Bibliotheksdirektor hat ausgehandelt, dass die digitalen Dokumente auch auf seiner Internetseite stehen dürfen. Und: Er muss nichts zahlen. Das Einscannen eines Buches kostet zwischen 12 und 80 Cent pro Seite.
"Die öffentliche Hand kann das nicht bezahlen"
Über das Für und Wider von "Google Books" wird zurzeit in Brüssel gesprochen, bei einer Anhörung der Kommission. Außerdem wird Medienkommissarin Viviane Reding Vertreter von Google, von Autoren und von Verlegern treffen. Sie spricht sich für eine Partnerschaft von Unternehmen und öffentlicher Hand aus: "Nur ein Prozent der Bücher in Bibliotheken ist überhaupt digitalisiert. Wer wird diese Bücher digitalisieren? Das kostet sehr viel Geld. Hier ist eine Herkulesaufgabe für Europa. Und die öffentliche Hand kann das nicht bezahlen", sagt sie.
Auch die grüne Europaabgeordnete Helga Trüpel befürwortet das Einscannen alter Werke, um sie möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen. Was aber ist mit Büchern, die in den vergangenen Jahren erschienen sind? "Es dürfen nur Sachen digitalisiert werden, bei denen das Copyright, wenn es noch eines gibt, auch wirklich eingehalten wird. Klar, dann muss man Verträge schließen, das ist ja alles regelbar", ist sie sich sicher.
Widerspruch aus dem Justizministerium
Eine Regelung haben bereits die amerikanischen Autoren mit Google gefunden - über den Vergleich muss aber ein US-Gericht noch entscheiden. Wird er angenommen, gilt er für alle Autoren weltweit - es sei denn, Schriftsteller widersprechen bis zum kommenden Dienstag. Für deutsche Autoren hat das Bundesjustizministerin Zypries schon getan.
Diese Skepsis in Europa kann der amerikanische Schriftsteller James Gleick nicht verstehen: "Das Geld aus den Erlösen geht an die, die die Rechte haben. Google erhält lediglich einen Teil der Einkünfte. Zum Beispiel, wenn neben den Texten eine Anzeige geschaltet wird", sagt er.
Jahrelange Debatte?
Google möchte die Sorgen zerstreuen. Santiago de la Mora, bei Google zuständig für das Buchprojekt, erklärt: "Wir wollen die Suche verbessern. 'Google Books' ist eine unglaubliche Quelle für Informationen. Sowohl was die Qualität, als auch was die Quantität angeht."
Eine Lösung des Streits wird es in diesen Tagen nicht geben: In der Kommission heißt es, es soll eine Debatte angestoßen werden, die noch Jahre dauern könnte.